Diese Website verwendet nur technisch notwendige Cookies. In der Datenschutzerklärung können Sie mehr dazu erfahren.

Zum Hauptinhalt springen
Logo, Startseite der Hochschule der Medien

Personal Branding

Die Kunst, die eigene Person zu vermarkten

Auf Social Media-Plattformen geht es schon längst nicht mehr nur um Zeitvertreib, Selbstdarstellung oder Protzerei. Insbesondere Business-Netzwerke werden immer mehr strategisch genutzt, um berufliche Interessen zu kommunizieren und dadurch Ziele zu erreichen – die Rede ist von Personal Branding. Worauf es dabei ankommt, und warum man bereits im Studium eine Personal Brand aufbauen sollte, verraten die Professoren Harald Eichsteller und Sarah Spitzer.

Das wohl bekannteste soziale Medium für erfolgreiches Branding ist das Business-Netzwerk LinkedIn. | © LinkedIn Sales Solutions via Unsplash
Das wohl bekannteste soziale Medium für erfolgreiches Branding ist das Business-Netzwerk LinkedIn. | © LinkedIn Sales Solutions via Unsplash

HdM: Warum ist Personal Branding für Unternehmen heutzutage nicht mehr wegzudenken?

Prof. Harald Eichsteller: Die Art und Weise, wie Unternehmen zukünftig sowohl neue Mitarbeiter als auch Aufträge bekommen, ändert sich. Ich habe mit einigen Vorständen und Vorstandsvorsitzenden Kontakt, die dieses Jahr, das heißt 20 Jahre nach dem Start der sozialen Medien, erstmals mit ihrer Personal Brand auf LinkedIn in Erscheinung getreten sind. Und was alle dabei hervorheben ist, dass sie begeistert vom direkten, engen und ungefilterten Kontakt zu ihren Mitarbeitern weltweit sind.

Prof. Sarah Spitzer: Dieser enge ungefilterte Kontakt ist der zentrale Grund für die Attraktivität von Personal Branding. Menschen kommunizieren nicht mit einem Produkt, sie kommunizieren mit einer Markenpersönlichkeit. Und in dem Moment, wenn eine Person auf mich zukommt, gibt es eine ganz andere Bereitschaft von der Gegenseite, zuzuhören, und Rückmeldung zu dem zu geben, was ausgesendet wird. Ergänzend dazu kann man hinzufügen, dass es vor allem um die Frage geht: Wie bekomme ich Aufmerksamkeit?. Wenn es mir gelingt mich, Führungskräfte oder Influencer als Personenmarke aufzubauen, dann haben diese für jede neue Botschaft, die sie von sich geben, eine deutlich geringere Eintrittsbarriere, als wenn sie eben immer wieder von null starten. Dass Personal Branding wichtig ist, dass weiß man schon lange. Man hat nicht sonst schon vor den Zeiten des Internets mit Testimonials oder Menschen gearbeitet. Menschen wollen Menschen sehen, Menschen vertrauen Menschen.

HdM: Ist es dann aber nicht schwieriger für Unternehmen, wenn Menschen eher den Personenmarken folgen als den Unternehmensmarken selbst? Worauf muss man dabei achten?

Prof. Harald Eichsteller: Corporate Brands und Personal Brands sind eng verknüpft, da gibt es eine gemeinsame Core-Story. Besonders glaubwürdig wird es, wenn die Core-Story für die Brand in persönliche 'Care-Stories‘ übersetzt werden, das heißt worum sich Unternehmen und Vorstandsvorsitzende kümmern. In einer Content Marketing-Strategie werden dann Themenfelder und Themen definiert und einzelne Stories in einzelnen Kanälen erarbeitet. Im Idealfall gibt es also immer eine enge Verbindung zwischen der Corporate Brand, der Product Brand und der Personal Brand.

Prof. Sarah Spitzer: Es ist sicherlich eine zusätzliche Herausforderung, weil es die Komplexität ein Stück weit erhöht. Menschen sind authentisch, aber Menschen sind natürlich nicht die Marke. In dem Moment, in dem beispielsweise ein Führungswechsel stattfindet, bleibt die Marke gleich, aber es kommt eine andere Person, die diese Marke präsentiert und dann müssen Sie sich neu überlegen, wie das zusammenpasst. Da müssen Sie stärker noch auf die individuellen Stärken und Schwächen der Person gehen, die das Branding repräsentiert und eben auch schauen, wo der Fit mit der Marke ist.

HdM: Wann würden Sie Studierenden raten mit dem Personal Branding zu beginnen?

Prof. Sarah Spitzer: Ich würde das eher weniger an einem konkreten Zeitpunkt festmachen, sondern eher an dem Moment, in dem ich weiß, wofür ich einstehe, wozu ich meine Meinung äußern und mich positionieren kann. Zumal ich, solange ich noch in diesem Hochschulkontext und auch Hochschulnetzwerk bin, gute Möglichkeiten habe, die entsprechenden Reichweiten aufzubauen. Wenn ich das in meiner Berufskarriere früh mache, dann kann ich die Erfahrung erst einmal auf einem niedrigschwelligen Level sammeln. Solange meine Botschaft nur ist: Ich bin aufgestanden, ich habe Vorlesung, ich habe mir einen Kaffee gemacht, wäre ich vorsichtig.

Prof. Harald Eichsteller: Ich würde so früh wie möglich starten, vom ersten Semester an. Zunächst startet man mit den Eckdaten, sowohl auf XING als auch auf LinkedIn. Die meisten Studierenden wissen gar nicht, was man da alles ausfüllen kann. Man sollte sich dann Themenfelder suchen, die einen interessieren und die natürlich nah an dem sind, was man später vielleicht auch arbeiten will. So kann es zu einem 'Match‘ kommen, entweder mit Unternehmen direkt oder auch mit Headhuntern, die im Auftrag Mitarbeiter suchen. Zu den Inhalten: Bei meinen Masterstudierenden beispielsweise stellte ich statt einer Klausur ein sogenanntes Take-Home-Exam, bei dem sie die Inhalte der Strategie-Vorlesung in drei LinkedIn-Artikeln reflektieren sollten. Für manche war das doppelte Motivation: Erstens gab es eine Note und zweitens konnte man sein Examen 'zweitverwerten' und öffentlich seine Kompetenz zeigen.

HdM: Die Bandbreite an Kanälen für das Personal Branding ist vielfältig. Wie findet man beim Personal Branding den passenden Kanal für sich?

Prof. Sarah Spitzer: Der ergibt sich offensichtlich, sobald man sich eben entscheidet. Für das Business-Umfeld würde ich TikTok sicherlich nicht empfehlen, es sei denn, ich möchte in diesen Entertainment-Bereich rein. Ansonsten, wenn es um den beruflichen Kontext geht, dann reden wir ganz klar von LinkedIn.

Prof. Harald Eichsteller: Ich sage mal so, die Kanal-Frage, stellt sich erst nach der Content-Frage. 'Content is king‘ (lacht)

Prof. Sarah Spitzer: Content first! (lacht)

Prof. Harald Eichsteller: Genau, zuerst kommt die Content Marketing-Strategie und der Kanal kommt zuletzt. Natürlich empfiehlt es sich, die Kanäle auszuwählen, an denen man Spaß hat. In meiner Personal Branding-Strategie ist neben LinkedIn auch Facebook, weil sich da eben meine Altersgruppe und mein Netzwerk befinden. Es ist das, wo ich mich freue, wenn mein Fußballverein gewonnen hat; wo ich Bilder vom Golfspielen und Motorradfahren zeige. Nahbarkeit herzustellen ist ein Teil der Strategie. Auf LinkedIn hat ein Fußballergebnis nichts verloren, da gehören andere Inhalte hin.

HdM: Inwiefern spielt Selbstregulierung eine Rolle, damit die Personenmarke im Ganzen funktioniert?

Prof. Harald Eichsteller: Ich habe da mal einen Worst Case gehabt. Schwäbisches Unternehmen, Chef hat eine neue Freundin, fährt mit ihr über die Schwäbische Alb, und sie postet 'Mit meinem Hasilein im 911er' (lacht). Der Kommunikationschef ist zusammengebrochen, musste erstmal seinem Chef klarmachen, dass er seiner Freundin klarmacht, dass das ein 'No-Go' ist. Führungskräfte sind in gewisser Weise eben öffentliche Personen.

Prof. Sarah Spitzer: Und das muss Ihnen auch schon als Studierender klar sein. Wenn Sie eine Personal Brand aufbauen wollen, zum Beispiel bei LinkedIn, dann bleiben die Leute natürlich nicht auf der Plattform. Die gucken auch, was Sie auf anderen Plattformen machen. Und wenn Sie da dann wilde Partyfotos oder Urlaubsfotos posten, trägt das zu ihrem Brand Building bei. Es gibt da kein gesetztes Set aus Regeln. Da brauchen Sie ihre eigene Einschätzung, ganz rational. Was möchten Sie, was im beruflichen Kontext sichtbar wird? Und da müssen Sie dann natürlich vorsichtig sein. Ich darf nicht davon ausgehen, dass ich zwischen der Marke, die ich auf der einen Plattform aufbaue und dem, was ansonsten noch sichtbar ist, sei es auf privaten Seiten oder auf anderen Social Media-Seiten, trennen kann.

Prof. Harald Eichsteller: Wir hatten eine wahnsinnig interessante Diskussion dazu. Die zweite LinkedIn-Autorin des Jahres 2018, Celine Flores Willers, hat bei Ernest & Young für den CEO gearbeitet und gleichzeitig Deutschland bei den Miss Universe Wahlen in Bangkok vertreten, was zu sehr kontroversen Diskussionen geführt hat. Wie verträgt sich eine Miss Universe Germany mit ihrem professionellen LinkedIn-Account als Personal Brand bei Ernest & Young? Am Ende hat Celine sich für die Selbstständigkeit entschieden, weil das Dilemma bei EY offensichtlich nicht auflösbar war.

Prof. Sarah Spitzer: Es gibt da ja nicht diese festen Grenzen, es hätte ja auch gut gehen können, man muss sich einfach bewusst sein, dass das passiert. Natürlich kann ich sagen, es ist Zeit, dass eine Branche einfach lockerer wird und deshalb poste ich jetzt da die entsprechenden Fotos auf meinem Privataccount und die sollen mich gefälligst nehmen, wie ich bin. Aber dann muss ich auch damit leben, dass die vielleicht sagen: 'Nö, wollen wir eigentlich nicht'.

HdM: Best Case-Szenario zum Abschluss: Studierende lesen dieses Interview und wollen mit dem Personal Branding beginnen. Was sind die wichtigsten Punkte, die Sie den Studierenden beim Aufbau ihrer Personal Brand mitgeben würden?

Prof. Sarah Spitzer: Harald, ich würde dich zitieren. Ich glaube es ist wichtig, dass man die Möglichkeit nutzen sollte, aber nicht unüberlegt, sondern systematisch. Das heißt: Man sollte sich im Vorfeld überlegen, was man mit seinem Personal Branding erreichen und wie man sich positionieren möchte.

Prof. Harald Eichsteller: Und dann auch wirklich selbst anfangen zu publizieren. Also sprich: Interessante Inhalte teilen. Das Studium an der HdM ist sehr vielseitig und es gibt jede Menge Möglichkeiten Content zu finden, der zur eigenen Positionierung passt. Diese ergeben dann wiederum viele interessante Anknüpfungspunkte für Gespräche mit Personalern und Headhuntern. Statt Dutzende von Bewerbungen zu schreiben, werden Sie dann gefunden und angesprochen. Das ist ja das Interessante am Personal Branding. Hashtags, also die Kernvokabeln, wofür man gefunden werden will, helfen dabei. Aber das ist ja in der Kommunikation schon seit hundert Jahren so. Da hat sich durch die Digitalisierung nichts geändert.

VERÖFFENTLICHT AM

04. Oktober 2021

KONTAKT

Prof. Harald Eichsteller

Studiendekan

Unternehmenskommunikation

Telefon: 0711 8923-2250

E-Mail: eichsteller@hdm-stuttgart.de

Prof. Dr. Sarah Spitzer

Professorin

Online-Medien-Management

Telefon: 0711 8923-3161

E-Mail: spitzer@hdm-stuttgart.de

ARCHIV

Medienwelt
WAS DENKEN SIE DARÜBER?