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Corona weltweit

Corona-Krise: Veränderungen im Auslandssemester

Studieren auf Englisch, eine neue Kultur kennenlernen, Freundschaften aus aller Welt knüpfen und tolle Reisen erleben: Das sind häufig Gründe, wieso sich Studierende für ein Auslandssemester entscheiden. Was aber, wenn Universitäten schließen, eine Ausgangssperre gilt oder Flüge gestrichen werden? Studentinnen der Hochschule der Medien (HdM) erzählen, wie das Corona-Virus sich auf ihr Auslandssemester auswirkt.

Birka Kallenbach (ganz links) beim International Dinner in Gent. ©privat
Birka Kallenbach (ganz links) beim International Dinner in Gent. ©privat
Bereits Anfang Februar 2020 ist Birka Kallenbach, Studentin im Studiengang Crossmedia-Redaktion/Public Relations, nach Gent in Belgien gezogen, um dort ein Semester an der Artevelde Hogeschool zu verbringen. "Als wir Anfang März erfuhren, dass Bars und Cafés schließen sollen, haben wir das für einen schlechten Witz oder Panikmache gehalten. Bis dahin hatte ich nicht so viel davon mitbekommen, wie akut die Situation war. Wir konnten das auch noch nicht ganz glauben, als es die öffentlichen Stellen kommuniziert haben," erinnert sich die 22-Jährige. Wenige Tage später wurden auch die Campusse der Universität geschlossen, am 20. März 2020 wurde die Ausgangssperre verhängt, viele Internationals sind schon davor nachhause gereist - so auch Birka:  "Ich bin recht froh, dass ich nach Hause gefahren bin, bevor die Ausgangssperre kam, weil ich bei meiner Familie sein möchte.
In der freien Zeit momentan wird Birka kreativ: Sie bemalt Bienenkästen. © privat
In der freien Zeit momentan wird Birka kreativ: Sie bemalt Bienenkästen. © privat
Ich komme aus einer ländlichen Gegend und hier können wir zumindest mal einen längeren Spaziergang im Freien mit dem Hund machen oder unser Pferd besuchen." Studieren kann sie auch von der Ferne aus, an ihrer Partneruniversität wurde alles auf E-Learning umgestellt. "Im ersten Moment war ich mir natürlich nicht sicher, ob und wie gut das klappt, alles ins Digitale zu transferieren. Das geht vor allem auch so gut, weil das Semester schon für eineinhalb Monate lief, als die Universität geschlossen wurde. Man kennt die Dozenten schon einigermaßen und sie sind sehr verständnisvoll, wenn etwas mal zum Beispiel wegen schlechtem WLAN nicht funktioniert." Die freie Zeit zwischen den Online-Vorlesungen vertreibt sie sich aktuell mit dem Bemalen von Bienenkästen. Ob sie am Ende des Semesters für die Klausurenphase wieder nach Belgien muss, ist momentan noch nicht klar.

"In New South Wales gelten in etwa die gleichen Regelungen wie in Baden-Württemberg."

"Kurz vor meinem Abflug war es schon schwierig, in meinem Heimatort Handdesinfektionsmittel zu bekommen. Später am Flughafen und auch im Flugzeug trugen viele Leute bereits Schutzmasken. Das alles gab mir ein mulmiges Gefühl, ich habe jedoch nicht damit gerechnet, dass das Coronavirus solche Auswirkungen mit sich bringen würde", erzählt Deliah Bartsch.

Vor Corona konnte Delia Bartsch noch reisen: Hier ist sie vor der berühmten Sydney Harbour Bridge. © privat
Vor Corona konnte Delia Bartsch noch reisen: Hier ist sie vor der berühmten Sydney Harbour Bridge. © privat
Die 21-jährige Medienwirtschaft-Studentin ist seit dem 11. Februar 2020 in Newcastle, Australien und beschreibt die ersten drei bis vier Wochen dort als "völlig normal", bis die Corona-Fälle anstiegen und der erste Todesfall bekannt wurde. Deliah erinnert sich: "Daraufhin wurden zum Beispiel in den Toiletten der Universität Plakate mit Tipps gegen die Ausbreitung des Viruses aufgehängt, in Supermärkten wurde es schwierig, Toilettenpapier, Nudeln und Reis zu bekommen. Die australischen Ketten haben das aber gut im Griff, da sie früh Produktbegrenzungen und die "Community Hour" für ältere Menschen eingeführt haben. Am 21. März 2020 wurde dann der weltberühmte Bondi Beach in Sydney geschlossen, was bei vielen Australiern zu einem Umdenken geführt hat." Seitdem sind weitere Einschränkungen hinzugekommen: die Grenzen sind geschlossen, es gilt ein Mindestabstand von anderthalb Metern und die Schulpflicht ist aufgehoben.
Seit Ende März finden an Deliahs Partneruniversität alle Vorlesungen online statt. © privat
Seit Ende März finden an Deliahs Partneruniversität alle Vorlesungen online statt. © privat
"Auch Bars, Clubs, Kinos und ähnliche Betriebe mussten schließen, die meisten Geschäfte sind aber weiterhin geöffnet, darunter auch Shoppingcenter. Momentan gelten im Bundesstaat New South Wales etwa die gleichen Regelungen wie in Baden-Württemberg. Ich verlasse das Haus nur noch, um einkaufen zu gehen, Sport zu machen und mich mit Freunden zu treffen," vergleicht Deliah die Situation zu Deutschland. Aktuell ist Deliah noch in Australien und hat vor, mindestens bis zur Prüfungsphase im Juli dort zu bleiben, solange sich die Situation nicht akut verschlimmert oder die Universitäten und Behörden die Austauschstudierenden nachhause schicken.

"Das Thema war bei uns im Büro von Anfang an präsent."

Marlene Moser beim Streicheln eines Kängurus in der Natur vor den Einschränkungen. © privat
Marlene Moser beim Streicheln eines Kängurus in der Natur vor den Einschränkungen. © privat
Auch die Studierende Marlene Moser befindet sich momentan noch in Australien, um ihre Bachelorarbeit bei einem deutschen Unternehmen zu schreiben. Die 23-Jährige ist bereits im November 2019 nach Sydney gereist und hat die Zeit genutzt, um ein Vorpraktikum zu absolvieren und sich einzuleben. Das Thema Corona war seit dem Ausbruch in Wuhan in Marlenes Praktikumsunternehmen präsent: "Einige meiner Kollegen kommen ursprünglich aus China und haben Familie dort, die sie über Weihnachten besucht haben. Wegen des Einreiseverbots für manche Regionen Chinas konnten meine Kollegen nicht wie geplant wieder zurück reisen, sondern mussten von gecharterten Flugzeugen der australischen Regierung für zwei Wochen in Quarantäne auf die Christmas Islands," erzählt Marlene.
Atemschutzmasken wurden schon vor des Corona-Virus benutzt, als die Luft durch die Buschfeuer in Australien rauchig wurde. Deshalb gibt es lange Schlangen an den Verkaufsstellen. © privat
Atemschutzmasken wurden schon vor des Corona-Virus benutzt, als die Luft durch die Buschfeuer in Australien rauchig wurde. Deshalb gibt es lange Schlangen an den Verkaufsstellen. © privat
Ungeplante Ereignisse und das Leben im Ausland sind für die Wirtschaftsinformatik-Studentin an sich nichts Neues, sie hat bereits ihr Praxissemester und ein Theoriesemester im Ausland verbracht. Doch durch das Corona-Virus unterscheidet sich ihr aktueller Aufenthalt in Australien sehr zu ihren vorherigen. "In meinem Praxissemester in Singapur war ich beinahe jedes freie Wochenende unterwegs. Das war als deutsche Staatsbürgerin sehr einfach, weil ich fast nirgends ein Visum gebraucht habe und die Flug- und Fährentickets günstig waren. In meinem Theoriesemester, das ich auch schon in Sydney verbracht habe, habe ich in einer WG mit acht Personen gewohnt, was ich mir jetzt in der aktuellen Lage nicht mehr vorstellen könnte. Ich saß zum Lernen oft in Cafés oder der Bibliothek, das geht ja jetzt auch nicht mehr," meint Marlene. An ihrer Bachelorarbeit wird sie jetzt überwiegend von ihrer Wohnung in Sydney aus weiterschreiben.

"Ich bin traurig, dass ich mein Auslandssemester so früh schon wieder beenden musste."

Lena Käser bei einem Tagesausflug in den Parque National Aguas de Ramón. © privat
Lena Käser bei einem Tagesausflug in den Parque National Aguas de Ramón. © privat
Im Gegensatz dazu, hat sich Lena Käser aus ddem Studiengang Werbung- und Martkommunikation dazu entschieden, ihr Auslandssemester abzubrechen. Sie hat den Unialltag an der Universidad del Desarrollo, ihre Mitbewohner eines Studentenhaus mit Pools und das Leben in Santiago de Chile schweren Herzens zurückgelassen. "Ich bin mittlerweile zurück, da sowohl die ausländische Universität als auch die HdM, meine Eltern und die deutsche Botschaft in Santiago mir die Ausreise empfohlen haben. Ich bin traurig, dass ich mein Auslandssemester so früh schon wieder beenden musste, das hätte ich nicht erwartet. Jetzt muss ich irgendwie schauen, was ich stattdessen mache, das Leben geht ja trotzdem weiter", erklärt sie.
Während ihrer letzten Tage in Santiago hat Lena viel Zeit mit ihrer WG zuhause verbracht, zum Beispiel beim Kartenspielen. © privat
Während ihrer letzten Tage in Santiago hat Lena viel Zeit mit ihrer WG zuhause verbracht, zum Beispiel beim Kartenspielen. © privat
In Südamerika brach das Corona-Virus später als in Europa aus, der erste Fall in Chile wurde am 3. März 2020 bekannt. "Als das erste Mal Corona-Infizierte in Santiago bestätigt wurden und sich die Sorge etwas ausbreitete, kam eine Mail unserer Uni, dass die Vorlesungen jetzt online fortgeführt werden. Auch im Supermarkt hat man das gemerkt, die Menschen sind mit Einkaufswägen voller Nudelpackungen marschiert. Ein Uber-Fahrer war uns gegenüber misstrauisch, weil wir Europäer sind und hat sich erkundigt, ob wir Corona hätten, und wie lange wir schon hier wären," erzählt Lena. Seit dem Tag ihrer Abreise, dem 26. März 2020, gilt in der Hauptstadt Chiles eine 90-tägige Ausgangssperre, vier Tage zuvor wurde bereits eine nächtliche Ausgangssperre verhängt. Dabei darf man nur mit besonderer Genehmigung auf die Straße - selbst, um einkaufen zu gehen.

Teresa Sommer bei einem Ausflug in die Hafenstadt Piran, die circa 1 1/2 Stunden von Ljubljana entfernt ist. © privat
Teresa Sommer bei einem Ausflug in die Hafenstadt Piran, die circa 1 1/2 Stunden von Ljubljana entfernt ist. © privat
"Es hat sich fast alles geändert. Ich fühle mich, als hätte ich zwei Leben hier gehabt: vor und nach Corona."

Vor über zwei Monaten, am 24. Januar 2020, hat Teresa Sommer, Studentin im Studiengang Crossmedia-Redaktion/Public Relations, ihr Auslandssemester an der Universität Ljubljana in Slowenien begonnen. Anfangs konnte Teresa noch morgens mit dem Fahrrad zur Fakultät fahren, mittags mit einem Kaffee in der Hand am Fluss sitzen und abends mit Freunden durch die Bars ziehen - das alles ist jetzt nicht mehr möglich. "Es hat sich fast alles geändert. Ich fühle mich, als hätte ich zwei Leben hier gehabt: vor und nach Corona. Viele meiner Freunde haben das Land bereits verlassen, die sonst so belebten Straßen sind menschenleer, der Alltag ist stark eingeschränkt." Am 11. März 2020 wurde Teresas Fakultät geschlossen, seit dem 20. März dürfen sich in Slowenien keine Gruppen mehr in der Öffentlichkeit treffen. Mittlerweile gibt es Personenbeschränkungen in Supermärkten und der öffentliche Transport wurde eingestellt. Daher hatte auch Teresa überlegt, nachhause zu fahren.

An der sonst so belebten Drachenbrücke in Ljubljana herrscht momentan Menschenleere.
An der sonst so belebten Drachenbrücke in Ljubljana herrscht momentan Menschenleere.
"Zunächst habe ich im Eifer des Gefechts ein Bahn-Ticket nach Hause gebucht. Es stellte sich jedoch heraus, dass im System der Deutschen Bahn ein Fehler vorlag und der gebuchte Zug gar nicht mehr fuhr. Danach habe ich beschlossen, hierzubleiben." Um aktuell nach hause zu kommen, müsste die 22-Jährige sich einen privaten PKW mieten und dürfte in Österreich keinen Halt einlegen. Das ist für Teresa momentan aber keine Option, weshalb sie vorerst in Slowenien bleibt. "Zuhause kann ich nicht mehr und nicht weniger ausrichten als hier. Mit meinem Mitbewohner versuche ich, das Beste aus der Situation zu machen. Wir verfolgen jeden Tag die Online-Vorlesungen, machen Sport zuhause, kochen viel und gestalten den Alltag so gut wie möglich abwechslungsreich," meint Teresa zuversichtlich.

Jennifer Mareen Kögel

VERÖFFENTLICHT AM

07. April 2020

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