Abschlussarbeit

Die Akzeptanz von künstlicher Intelligenz in Personalauswahlverfahren aus Bewerbersicht - Ein Vergleich mit analogen Verfahren

Die demografischen Entwicklungen und die Digitalisierung führen dazu, dass in den kommenden Jahren nicht nur weniger junge Arbeitskräfte verfügbar sind7 , sondern es auch zahlreiche Möglichkeiten gibt, diese auf neue Wege anzusprechen. Dies fordert von den Unternehmen, dass sie bei dem Prozess der Personalauswahl nicht nur auf die wirtschaftlichen Aspekte achten, sondern verstärkt auch die Präferenzen des Bewerbers miteinbeziehen. Der Einsatz von neuartigen Technologien, insbesondere KI, kann dabei auf Seiten der Bewerber unterschiedliche Reaktionen auslösen, welche bisher wissenschaftlich noch wenig erforscht sind. Zu der Akzeptanz von ,,analogen‘‘ Personalauswahlverfahren bestehen bereits einige Modelle, welche versuchen, die Akzeptanz oder Präferenz der Bewerber anhand unterschiedlicher Faktoren zu erklären. Beispiele sind das Konzept der Sozialen Validität von Schuler und Stehle (1983) oder das Modell von Gilliland (1993). Aufbauend auf diesen Modellen wurden weitere Konzepte entwickelt, Variablen operationalisiert und Studien durchgeführt, welche schließlich zu einer Rangordnung der Verfahren hinsichtlich ihrer Akzeptanz geführt haben, wobei jedoch nicht alle Verfahren gleichermaßen vertreten sind. Da KI einen hohen Grad an Technisierung voraussetzt, versuchen neuere Forschungen, Akzeptanzmodelle aus der Technologie-Richtung mit den bisherigen Modellen zu vereinen. Beispiele aus der Technologie sind das Technologieakzeptanzmodell (TAM) von Davis (1989) oder das Modell der Unified theory of acceptance and use of technology (UTAUT) von Venkatesh et al. (2003). Während die Akzeptanz einzelner digitalisierter oder KI-gestützter Verfahren bereits untersucht wurde, fehlt bislang ein Vergleich von analogen Verfahren mit KI-basierten Verfahren. An diesem Punkt knüpft diese Arbeit an.

Mit der vorliegenden Arbeit sollte die Akzeptanz von KI in Personalauswahlverfahren untersucht und mit der Akzeptanz analoger Verfahren verglichen werden. Die hierbei gewählten Verfahren waren das Einstellungsinterview, der Persönlichkeitstest, der Intelligenztest sowie das Assessment Center (AC). Als KI-basiertes Verfahren kam hier noch die autonome Vorauswahl hinzu. Die Arbeit sollte einen Überblick darüber geben, welche Verfahren von den Bewerbern präferiert werden und zugleich welche Einflussfaktoren für die Akzeptanzbewertung verantwortlich sind. Hierzu wurde auf Basis der bestehenden Akzeptanzmodelle und ihrer Anwendung ein eigenes Regressionsmodell erstellt. Ziel der Arbeit war es weiter, dieses Modell zu prüfen, die Rangfolge der Verfahren mit denen vorheriger Studien zu vergleichen und anhand der Ergebnisse Implikationen für weitere Forschungsarbeiten zu geben. 

Insgesamt weist die vorliegende Arbeit darauf hin, dass die Verbreitung von digitalisierten Verfahren sowie KI-Techniken in Zukunft zunehmen wird, da sie eine hohe Zeitersparnis, Effizienz und als Folge wirtschaftliche Vorteile bieten. Zudem besteht die Möglichkeit, dass sich die dargestellten Grenzen und Nachteile einer KI in Zukunft verringern, da die Lern- und Leistungsfähigkeit voraussichtlich mit der Datenmenge weiter zunehmen werden. Bislang werden KI-Verfahren zumeist am Anfang des Auswahlprozesses eingesetzt, um den Bewerbern Informationen zu bieten oder eine Vorauswahl zu treffen. Je weiter der Prozess voranschreitet und je weitreichender die zu treffenden Entscheidungen sind, desto eher wird allerdings noch ein Verfahren mit persönlichem Kontakt angewandt. Dies liegt einerseits daran, dass eine KI heute noch nicht als eigene Rechtspersönlichkeit gesehen wird, zum anderen deuten die bisherigen Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Akzeptanz solcher Systeme bisher noch nicht stark genug ist.

Als Folge könnten Bewerber den Auswahlprozess beenden oder ein Stellenangebot nicht annehmen. Die offene Frage im Rahmen der Befragung weist darauf hin, dass die Teilnehmer viel Wert auf die persönliche Interaktion, den Jobbezug und zudem die Passung legen in Personalauswahlverfahren legen. Für die Unternehmen hingegen spielt neben den Kosten auch die Validität eines Verfahrens eine hohe Rolle, welche oftmals nicht mit den Präferenzen der Bewerber hinsichtlich der Auswahlverfahren zusammenfällt. Hier gilt es für die Unternehmen, eine Balance zu finden zwischen den einzelnen relevanten Faktoren wie Kosten, Validität und Akzeptanz der Bewerber. Die Vorstellung der einzelnen Verfahren hat gezeigt, dass es eine Vielzahl von möglichen Verfahren und Varianten gibt. Eine genaue Anforderungsanalyse bietet die Möglichkeit, die richtige Kombination von Verfahren für die jeweilige Stelle zu finden, die ausreichend Validität und Akzeptanz bietet. Die Nutzung von KI kann dabei unterstützend wirken, indem z.B. auch die Unternehmensseite stärker analysiert wird. In Kombination mit interaktiven, analogen Verfahren wird zudem solch ein Verfahren wahrscheinlich auch eher angenommen. Ziel sollte es sein, eine Win-win-Situation für Bewerber sowie Unternehmen zu schaffen. KI kann hierzu zweifellos einen Beitrag leisten und wird in Zukunft immer stärker genutzt werden. Solange eine KI bestimmte Intelligenzstufen wie die Empathetic Intelligence allerdings noch nicht erreichen kann, bleibt der Mensch als Ansprechpartner in Personalauswahlverfahren unverzichtbar. 



Autoren: Carstensen, Lisa
Seiten: 160


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Name:
Lisa Carstensen

Eingetragen von

Name:
Prof. Dr. Michael Weißhaupt  Elektronische Visitenkarte


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