Diese Website verwendet nur technisch notwendige Cookies. In der Datenschutzerklärung können Sie mehr dazu erfahren.

Zum Hauptinhalt springen
Logo, Startseite der Hochschule der Medien

KUNST UND GESELLSCHAFT

Bildersturm: Das Vermächtnis der Vergangenheit

Das Erbe vieler Künstler und Genies begleitet uns bis in die Gegenwart. Ob Gemälde, Musikstück, Skulpturen oder Text – die Erinnerung bleibt auch heute noch bestehen. Doch passiert es immer wieder, dass berühmte Persönlichkeiten zwar einen wichtigen Beitrag mit ihrer Kunst für die Gesellschaft leisteten, zu Lebzeiten allerdings eine fatale Weltanschauung unterstützten oder sogar Verbrechen begangen haben.

Das Karl-Marx-Monument in Chemnitz als Sinnbild der Bilderstürmerei. Quelle: Pixabay

Das Karl-Marx-Monument in Chemnitz als Sinnbild der Bilderstürmerei. Quelle: Pixabay

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) plädierte erst kürzlich für eine neue Nationalhymne für die Bundesrepublik, die, nach seinem Empfinden, nicht mehr an die Zeit des Nationalsozialismus erinnern soll und zur vollständigen Identifikation eines jeden deutschen Bürgers beiträgt. Auch wenn nur noch die dritte Strophe der deutschen Hymne gesungen wird, habe sie doch für einige Teile der Bevölkerung, so wohl auch für Ramelow, einen bitteren Beigeschmack. Das Verbannen künstlerischer Artefakte, wie hier der Vorschlag des Ministerpräsidenten, kann als Bilderstürmerei bezeichnet werden.

Ikonoklasmus oder Bilderstürmerei

Ursprünglich war der Bildersturm zur Zeit der Reformation vor ungefähr 500 Jahren eine Protestbewegung, bei der religiöse Kunstwerke und Denkmäler mutwillig zerstört wurden. Der Fachbegriff dafür lautet Ikonoklasmus. Diese Begrifflichkeit wird in der Gegenwart häufig mit der Zensur oder Verbannung von künstlerischen Artefakten gleichgesetzt und liefert daher einen triftigen Grund für eine kritische Debatte in der Gesellschaft. Denn: Bilderstürmerei ist in allen Gesellschaftsformen mit totalitären Zügen gegenwärtig.

Genauso wurde auch das Abhängen zweier Gemälde im Kanzleramt des Künstlers Emil Nolde, die die Bundeskanzlerin in diesem Frühjahr anberaumt hatte, diskutiert. Nolde war Maler im Expressionismus, entpuppte sich allerdings schnell als großer Anhänger des Nationalsozialismus sowie als Antisemit. Nachdem seine Kunst also viele Jahre ohne weiteres das Kanzleramt zierte, wollte Angela Merkel die symbolträchtigen Gemälde nicht mehr nach außen präsentieren. Das Dilemma ist eindeutig: Sollte man den Menschen unabhängig von seinem Schaffen in der Kunst bewerten oder funktioniert gerade hier die Trennung von Kunst-Schaffender und Privatperson nicht? Kann man also das private, persönliche Tun oder die Haltung einer Person mit seiner beruflichen Tätigkeit gleichsetzen? Können solch kritische Werke nicht zum Nachdenken anregen oder bedarf es eine konsequente Linie gegen Rassismus, Diskriminierung und Verbrechen, unabhängig vom Werk eines Künstlers?

Universitäten, Städtenamen, Denkmäler unter "Kulturbereinigung"

Es gibt unzählige weitere Beispiele aus Kunst und Gesellschaft, die in den letzten Jahren Aufsehen in der Gesellschaft hervorgerufen haben. Insbesondere Umbenennungen von Straßennamen oder die von öffentlichen Plätzen werden immer wieder umgesetzt. Dazu zählen ebenso neue Städtenamen und Figuren, wie die Namensdebatte der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald sowie die Umbenennung von Chemnitz in Karl-Marx-Stadt und vice versa. Der Dichter und Professor Ernst Moritz Arndt galt nämlich als antisemitischer Nationalist. Nach jahrelangen Diskussionen sowie einer endgültigen Abstimmung hat die Universitätsstadt in Mecklenburg-Vorpommern den Namenspatron abgedankt und heißt jetzt stattdessen nur noch Universität Greifswald. Die universitäre Einrichtung in Greifswald könne sich mit dem Schriftsteller nicht mehr identifizieren, zumal eine wissenschaftliche Einrichtung in erster Linie Aufklärung und Bildung vermittle, so die Argumentation der Angehörigen und Studierenden der Universität.

Auch nach dem Erscheinen der Dokumentation "Leaving Neverland", über die Kindesmissbrauchsvorwürfe von Michael Jackson, stellten sich anschließend viele Programmdirektoren von Radiosendern aus aller Welt die Frage, ob sie weiterhin die Hits des "King of Pop" in ihrem Sender spielen sollten. Dass die meisten es weiterhin taten, wurde wohl letzten Endes eher aus einer ökonomischen Perspektive, denn aus einer Betroffenheit heraus entschieden.

Schließlich muss die Diskussion um einen Bildersturm geführt werden - gerade in der heutigen Zeit, wo Rassismus und Diskriminierung drohen, wieder salonfähig zu werden. Schlussendlich ist und bleibt Kunst allerdings frei, als Ausdruck ihrer Zeit und Epoche. Was man also nicht vergessen darf: Man muss die Menschen hinter ihren Werken auch zu ihren Lebzeiten in Kontext setzen.

Quellen:

Deutschlandfunk.de

Sueddeutsche.de

Zeit.de

 

Margarita Fangrat

VERÖFFENTLICHT AM

10. Juli 2019

Lesen Sie auch

ARCHIV

Medienwelt
WAS DENKEN SIE DARÜBER?