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Ausgehend von der heutigen Situation machte sich die Redaktion gedanken über dieZukunft der Verlagsbranche. Hier das Ergebnis einer Diskussion mit Prof. Dr. Thomas Breyer-Mayländer.
Deutschland - Buchland
Der deutsche Buchmarkt verzeichnete 2001 einen Gesamtumsatz von gut 9,2 Millionen Euro.
In Deutschland erscheinen jährlich 86.000 neue Titel und 510 Millionen Bücher werden von den 17.000 Verlagen produziert. Damit erscheint, bei einer weltweltweiten jährlichen Buchproduktion von 900.000 Titeln, jedes zehnte Buch in Deutschland.
Doch wie wird die Zukunft aussehen? Welche Anforderungen werden an die Verlage und an die Absolventen des Studiengangs gestellt?
Ohne Zweifel, wir befinden uns in einer schwierigen Zeit für die Verlage, aber in Deutschland wird mehr gelesen als je zuvor! Wir leben in einer zunehmenden Informationsgesellschaft, Thesen, dass Bücher und Zeitschriften, wegen der Onlinemedien verschwinden würden, konnten sich nicht bewahrheiten. Gerade die weiterbildungs- und informationsorientierten Internetuser, bezeichnen das Internet als schnelle Ergänzung zum Buch, Zeitung oder Zeitschrift und nicht als Konkurrenz.
Doch was bedeutet Verlagsarbeit, mit einem ganzen Stab von Lektoren, Redakteuren, Herstellern und Marketing- und Vertriebsexperten? Wissen in Nutzen zu verwandeln und dieses gekonnt zu vermarkten. Allerdings entscheiden - im Gegensatz zu früher - nicht die Verlage, sondern der Handel, welche Titel zum Verkauf ausliegen. Und diese Marktmacht, verstärkt durch Konzentrationenwellen, führt dazu, dass immer mehr Titelreihen einzelner Verlage und sogar ganze Verlage aus dem Verkauf verschwinden werden. Die großen Buchhandlungen beschränken sich derzeit auf 110.000 vorrätige Titel und verzeichnen mit 2.000 Titeln 50% des Umsatzes, der Rest ist Tapete. Es wird den Verlagen erschwert am Markt zu bleiben und einzig und alleine der Verkaufserfolg wird zählen. Was sich nicht verkauft, wird nicht bestellt oder fliegt raus. Deshalb sollte ein Verlag nichts unversucht lassen, um in die Verkaufsräume der großen Ketten und Buchhandlungen zu kommen und, unterstützt durch innovative Vermarktungsstrategien und faire Konditionenmodelle, auch dort zu bleiben. Für kleinere Verlage gilt als Überlebensstrategie zusätzlich, dass, wenn sie überleben möchten, lukrative Marktnischen besetzen müssen.
Was bedeutet dieser Trend für die Studierenden des Studiengangs Mediapublishing und Verlagswirtschaft?
Die Kundenbindung, sowohl zum Leser als auch zum Handel wird entscheidend sein, um als Verlag erfolgreich im Wettbewerb bestehen zu können. Höchste Markt- und Zielgruppenkenntnis wird unabdingbar. Wie auch in anderen Branchen ist eine Markenbildung für den Markterfolg von enormer Bedeutung. Die Verlagsmarke als Vertrauens- und Orientierungsfunktion muss dem Kunden bei der Kaufentscheidung helfen. Um dieses Ziel zu erreichen ist ein einheitlicher Auftritt und eine Identität des Verlages im Rahmen der Markenbildung entscheidend. Dafür sorgt eine zielgruppengerichtete Covergestaltung und Typografie, was in den vielen Gestaltungs- und Typografie Vorlesungen und Workshops gelehrt wird. Vorlesungen wie Gestaltung von Werbemitteln, Gestaltung Messen, Werbetext runden das Programm ab.
Neben der Spezialisierung auf die Bereiche Marketing, Herstellung und Management wird es für die Studierenden immer wichtiger, auch Vorlesungen aus anderen Studiengängen zu besuchen, wie z.B. Werbe- und Wettbewerbsrecht, Verkaufsförderung, Public Relations oder Marktpsychologie.
Ein sich immer weiter verbreitender Techniktrend sind Books on Demand. BOD bedeutet, dass Bücher erst dann - mit Digitaldrucktechnik und angeschlossener, vollautomatischer Bindestraße - produziert werden, wenn die Bestellung beim Verlag eingeht. Verlage können so kleine und mittlere Auflagen, sowie Testauflagen, kostengünstig produzieren und vermeiden dadurch Lagerhaltungs,- Kapitalbindungs-, Remittenden-, und Makulaturkosten; pro Woche werden in Deutschland 300.000 nicht verkäufliche Bücher vernichtet! Für die Verlage bedeutet diese Technik weiter, dass vergriffene Auflagen in den Verzeichnissen gelistet und damit lieferbar bleiben und die Rechte am Werk nicht an den Autor zurückfallen.
Ein sich abzuzeichnender Trend ist ein verändertes Leseverhalten, das die Studie der Stiftung Lesen aus dem Jahr 2000 ans Licht brachte: Zwar wird mehr gelesen als im Vergleich zu 1992, aber nur noch die Hälfte der Gesamtbevölkerung liest und die Wenig-Leser brechen weg. Die Studie zeigte auch, dass immer mehr Leser zur Strategie des Häppchen-Lesens übergehen. Die Leser überfliegen die Buch-, Zeitungs-, und Zeitschriftenseiten nur noch, konzentrieren sich auf die Textpassagen, die ihnen wichtig erscheinen und zappen sich so durch das Produkt. Buchverlage reagieren längst mit so genannten Condensed Books, Zusammenfassungen von Literatur für die eiligen Leser. Im Zeitungs- und Zeitschriftenbereich hat dieser Trend erhebliche Folgen, wenn die Aufmerksamkeit nachlässt und die Anzeigen nicht mehr, wie von den Anzeigenkunden gewünscht, wahrgenommen werden.
Eine zusätzliche zentrale Frage wird sein: Können die Verlage auf das Mediennutzungsverhalten der jungen Onlineuser, zugunsten der klassischen Medien einwirken? Oder werden die Printprodukte aussterben, weil sie von den nächsten Generationen nicht mehr akzeptiert werden?
Das e-Book kann wohl jetzt schon als gescheitert gelten, nicht zuletzt wegen des hohen Gerätepreises und der schlechten Lesbarkeit. Eine echte Revolution könnte das E-Paper darstellen. Damit wäre es möglich, sich seine Lieblingszeitungen oder Zeitschriften rund um den Globus, auf das Medium mit papierähnlichen Eigenschaften downzuloaden und wie eine Zeitung zu lesen. Die neue Technik ist schon jetzt im Bereich der Werbetafeln und Preisauszeichnung im Einsatz. Glaubt man den Machern dieser Technologien, so würden die riesigen Rotationsmaschinen in zwanzig Jahren verschrottet.
Große Erwartungen werden in Mobile Publishing gesetzt. Die Netzbetreiber bewilligten Unsummen für die UMTS-Lizenzen, der Eintrittskarte für diesen Zukunftsmarkt. Noch gibt es erhebliche Zeitverzögerungen, da neben der Lizenz noch Endgeräte gebraucht werden und Servicebetreiber, die den Inhalt zur Verfügung stellen. Hier ist wieder der Verlag gefragt, dessen Hauptaufgabe es ja ist, Wissen in Nutzen zu verarbeiten; der Verlag wird so zum Content Provider. Diese Inhalte müssen bereits vorher medienneutral erstellt und dann vermarktet werden. Schon heute erzielen einige Verlage sechsstellige Euro-Umsätze mit Mobile Publishing, jedoch vorwiegend mit Anwendungen für PDA´s und (WAP)-Handys. Die Vorlesungen Elektronisches Publizieren, Urheber-, Verlags-, und Medienrecht, Marketing bauen ein Grundgerüst für die Zukunft. Kurse wie Datenbanksysteme, Interaktive Medien und Dokumentenerstellung aus dem Studiengang Medieninformatik leisten eine sinnvolle Ergänzung.
Verlage müssen erkennen, was die Kunden wünschen und das ist Nutzen. Die Aufgabe für Verlage der Zukunft wird sein,
Wissen - aus allen Quellen
in Nutzen - auf allen Medien
zu verwandeln.
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