Ethics by Design
Ethics by Design beruht auf den Methoden und Konzepten eines Value Sensitive Design (vgl. Friedman/Hendry 2019). Die Gestaltung digitaler Systeme wird dabei weder als neutral noch losgelöst von ethischen Überlegungen und Handlungen betrachtet, denn digitale Systeme haben immer einen Bezug zur Lebenswelt und den Handlungsmöglichkeiten der Menschen. Aus diesem Grund sollten ethische Überlegungen und Prinzipien in den Entwicklungsprozess vom ersten Augenblick der Konzeption und Ideenfindung an integriert werden.
Der Ethics by Designs-Ansatz setzt eine Kooperation von Technologie und Ethik während des gesamten Ideen- und Entwicklungsprozesses voraus.
Die Gestaltung und die Möglichkeiten digitaler Systeme sollten in allen Phasen, vom Entwurf bis hin zur Anwendung, von ethischen Überlegungen begleitet werden. Die Grundüberzeugung dieses Konzepts ist die Erkenntnis, dass Gesellschaft und digitaler Wandel nicht getrennt voneinander gedacht werden können.
Ethics by Design integriert die unterschiedlichen Perspektiven der indirekt und direkt betroffenen Stakeholder in den Gestaltungsprozess. Dabei soll auch die Diversität der Nutzenden berücksichtigt werden und es müssen Grundsätze für ethisches Handeln, beispielsweise in der Entwicklung von digitalen Systemen eingehalten werden. Eine frühzeitige Implementierung ethischer Überlegungen in digitale Systeme und ein partizipatives Vorgehen entsprechen beispielsweise auch den Vorgaben des Deutschen Ethikrates zum Einsatz von Robotik für gute Pflege (vgl. Deutscher Ethikrat 2020). Hierdurch können unerwünschte potenzielle Folgen antizipiert werden, indem auf die Werte und Bedürfnisse der Betroffenen eingegangen wird. In Abgrenzung zu reinen Usability-/User-Experience-Ansätzen, in denen es um ein positives Nutzungserlebnis gehen soll, das, je nach Fokus, auf die Steigerung von Umsatzzahlen eines Produktes abzielt, geht es hierbei um eine wertebasierte Technikgestaltung.
Der vom Institut für Digitale Ethik vertretene Ethics by Design-Ansatz zielt darauf ab, in einem methodisch geführten Prozess ein Ethics-Screening und Ethics-Assessment zu ermöglichen und zu einer wertebasierten Gestaltung der Digitalisierung beizutragen.
Im Sinne einer wertebasierten Ethik wird dabei nicht nur der oder die Einzelne betrachtet. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass die Handlungen von Menschen Einfluss auf andere Menschen haben, da wir Menschen soziale Wesen sind. Insofern ist neben der Garantie der Autonomie des Menschen auch die Frage danach, in welcher Gesellschaft wir leben wollen, zentral. In einem ganzheitlichen Ansatz nimmt deshalb das Institut für Digitale Ethik neben konkreten und produktspezifischen Use Cases auch grundsätzliche ethische Fragen in den Blick.
Ethics by Design stellt die Bedürfnisse der Menschen und nicht das Programmieren einer Software in den Vordergrund.
In der aktuellen europäischen (und deutschen) Debatte wird dementsprechend argumentiert, dass eine wertschätzende Gestaltung, insbesondere von Künstlicher Intelligenz, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der in anderen Weltregionen programmierten und entwickelten Künstlichen Intelligenz darstellen könnte. Ethics by Design beinhaltet somit auch den Gedanken oder die Hoffnung, dass Probleme vermieden oder zumindest frühzeitig erörtert werden können, wenn ethische Fragen oder zum Beispiel mögliche ethische Wertkonflikte bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Entwicklung berücksichtigt werden. Es handelt sich dabei nicht um eine einmalige oder punktuelle Angelegenheit. Ein digitales System wird nicht als „einmal ethisch – immer ethisch“ abgenickt, vielmehr muss die Reflexion die gesamte Entwicklung begleiten und ist auch nach Marktreife des künstlichen Systems noch nicht abgeschlossen.
Deutscher Ethikrat (2020): Robotik für gute Pflege. Stellungnahme. Berlin. Online unter: https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellungnahmen/deutsch/stellungnahme-robotik-fuer-gute-pflege.pdf, S. 49.