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Summary zum Trendbarometer Kreatviwirtschaft Baden-Württemberg 2013

Ergebnisse einer Befragung von Kreativschaffenden in Baden-Württemberg

 INFORMATIONEN ZUR STUDIE

Das Institut für Kreativwirtschaft an der Hochschule der Medien erforscht die ökonomische Bedeutung, die Rahmenbedingungen und die Erfolgsfaktoren der Kreativwirtschaft sowie deren Wechselwirkungen mit anderen Industriezweigen. Das Trendbarometer wird im Rahmen des von der EU geförderten Projekts Netzwerk Kreativwirtschaft Baden-Württemberg in Zu­sammenarbeit mit der MFG Baden-Württemberg - Innovationsagentur des Landes für IT und Medien durchgeführt. Das Trendbarometer ist eine Reihe von insgesamt drei Studien. Die Ausgabe 2013 ist bereits die zweite Studie zur Kreativwirtschaft in Baden-Württemberg, die dritte Studie folgt in 2014. Bewertet werden allgemeine Entwicklungstrends sowie jährlich wechselnd vertiefende Aspekte.

 Durchführung der Umfrage

Die Befragung wurde auf Basis eines Online-Frage­bogens von Oktober bis Dezember 2012 durchgeführt. Insgesamt konnten 904 Zugriffe auf die Umfrage registriert werden. Die bereinigte Nettobeteiligung an der ersten Frage betrug 438 (Ausschöpfungsquote von 48 %). Beendet haben die Umfrage 287 Teilnehmer/ innen, was einer Beendigungsquote von 32 % entspricht und die Teilnehmerzahl vom Vorjahr um knapp 40 übersteigt.

 Teilnehmerstruktur

Das Untersuchungsfeld umfasst Kreativunternehmen aller 11 Teilbranchen der Kreativwirtschaft mit Sitz in Baden-Württemberg. Die Teilnehmer­struktur zeigt eine weitgehende Übereinstimmung mit den Strukturdaten der Kreativwirtschaft in Baden-Württemberg (vgl. Söndermann, M.: Datenreport 2012 zur Kultur- und Kreativwirtschaft in Baden-Württem­berg). Sie deckt alle Kreativbranchen ab und reflektiert auch die branchentypischen Merkmale, z. B. eine Vielzahl an kleinen (47 % nennen bis zu drei Mitarbeitern) sowie jungen Unternehmen (knapp jedes zweite Unternehmen war erst in den letzten 10 Jahren gegründet worden; jedes zehnte erst nach 2011). Die erhobenen Bewertungen vermitteln ein Stimmungsbild zu Zukunftsfragen der insgesamt vielschichtigen Kreativwirtschaft. Die Studie zeigt, dass die Kreativschaffenden gut vernetzt sind. Über 60 % sind bereits heute in verschiedenen Netzwerken tätig und besuchen regelmäßig branchentypische Veranstaltungen. Knapp jeder zweite ist Mitglied in einem Verband. Lediglich 12 % gaben an, nicht an Vernetzung interessiert zu sein.

WESENTLICHE STUDIENERGEBNISSE

Die Studie zeigt Einschätzungen der Kreativunternehmen bezüglich aktueller Handlungsfelder und ausgewählter Entwicklungstrends.

Generell zurückhaltende Stimmung in der Kreativwirtschaft

Die wirtschaftliche Entwicklung der Kreativbranche ist überwiegend von einem moderaten Wachstum geprägt (44 % Nennungen), 29 % erkennen eine wirtschaftliche Stagnation und lediglich 5 % erwarten ein überdurchschnittliches Wachstum. Hinsichtlich  der eigenen Reife für die zukünftigen Herausforderungen ist gegenüber den Vorjahresergebnissen eine vorsichtigere Bewertung zu erkennen. Sah sich im Jahr 2012 noch knapp jeder Dritte gut auf die künftigen Herausforderungen vorbereitet, ist sich dessen 2013 nur noch jeder Vierte sicher. 56 % sehen noch zu behebende Defizite, im Vorjahr waren es 42 %.

Kundengewinnung weiterhin größte Herausforderung

Der steigende Aufwand zur Kundengewinnung steht an erster Stelle der Herausforderungen für das Geschäftsjahr 2013, wenngleich nicht mehr so deutlich wie im Vorjahr (46 % gegenüber 60 % in 2012). Hingegen wurde der Preis als Hauptkriterium der Auftragsvergabe mit 40 % Nennungen ähnlich wie im Vorjahr (43 %) bewertet, dies wird durch die allgemein schwierige Auftragslage (44 %) verschärft spürbar. Den Innovationsdruck zur Entwicklung digitaler Leistungsangebote nennt rund jeder vierte Teilnehmer (27 %). Auffällig ist, dass die Kreativunternehmen die Bewahrung der persönlichen Work-Life-Balance als Herausforderung (44 %) sehen. Insbesondere für Kleinst- und Klein­unternehmen fällt vor dem Hintergrund des zunehmenden wirtschaftlichen Drucks die klare Trennung von Arbeits- und Privatleben schwer.

Wege zu neuen Märkten finden

Den hohen Wettbewerbsanforderungen wollen 62 % mit der Erschließung neuer Zielmärkte und Kundengruppen begegnen. Der Ausbau neuer Leistungsangebote (49 % und Rang 4, im Vorjahr noch mit 59 % auf Rang 1) spielt 2013 eine geringere Rolle als im Vorjahr, vielmehr haben der Ausbau des Eigen-Marketings (55 %) und die gezielte Erweiterung von Kooperationen (57 %, im Vorjahr 49 %) an Bedeutung gewonnen. Diese Neuausrichtung und die damit verbundene Erschließung neuer Märkte inkl. dem Auf- und Ausbau des eigenen Marketings erfordern gezielte Investitionen.

Neue (digitale) Leistungsangebote für neue Zielgruppen

Den hohen Wettbewerbsanforderungen wollen viele Kreativunternehmen mit neuen Leistungsangeboten begegnen. An erster Stelle der Erwartungen an künftige digitale Leistungsangebote nennen 67 % eindeutig die Erschließung neuer Märkte und Zielgruppen, weitere 25 % halten diese zumindest für wahrscheinlich. Gleichzeitig sind aber nur 18 % der festen Überzeugung, dass nicht-digitale Leistungen an Bedeutung verlieren. So werden bestehende Leistungen zunächst noch die Wirtschaftsgrundlage bilden, das Altbewährte wird also nicht aufgegeben. Der Weg zu wirtschaftlich stabilen digitalen Geschäftsmodellen wird auf Grund der geringen Zahlungsbereitschaft für digitale Produkte (49 %) als weiterhin steinig gesehen. Vor einem erhöhten Schulungsaufwand (21 %), der Rekrutierung erforderlicher Fachkräfte (26 %) oder dem Auffinden der richtigen IT-Lösung (14 %) haben die Kreativschaffenden hingegen wenig Bedenken.

Kooperationen in der Kreativbranche als Masterplan

Kooperationen und Vernetzung spielen in allen Bereichen der Kreativwirtschaft eine bedeutende Rolle und waren daher wie im Vorjahr ein Themenschwerpunkt der Befragung. Die deutliche Mehrheit der Kooperationen (94 %*) entwickelt sich aus eigenen persönlichen Kontakten. Außer regionalen Netzwerken (47 %) werden Ansätze von Verbänden, Wirtschaftsförderung und Beratungsstellen nahezu nicht wahrgenommen (alle unter 10 %), d. h. öffentliche Institutionen haben (noch) nicht den Zugang zu den Kreativschaffenden um ihnen Plattformen zur Kooperationspartnerfindung zu bieten. Kooperationen finden in erster Linie mit Unternehmen aus anderen Kreativbranchen statt (76 %). Kooperationen mit direkten Mitbewerbern nehmen mit 45 % ebenfalls eine wichtige Rolle ein. Auf- und Ausbau von Kooperationen ist somit eine strategische Maßnahme. Zwei Drittel der Kreativunternehmen geben an, Kontaktmöglichkeiten noch mehr nutzen zu müssen. Nur knapp jeder vierte Befragte ist mit den bestehenden Kontaktmöglichkeiten zufrieden, was zeigt, dass privatwirtschaftliche Initiatoren, Hochschulen und die Politik aufgefordert sind, Kompetenznetzwerke und Kreativcluster zu fördern bzw. aufzubauen.

Klare Sicht und freie Fahrt voraus

Die Studienteilnehmer sind sich sicher, dass die Kreativwirtschaft weiter wachsen wird. Auch wird die Kleingliedrigkeit ein typisches Merkmal der Branche bleiben und die damit verbundenen Vor- und Nachteile werden weiter das wirtschaftliche Handeln prägen. Die vielen kreativen Einzelunternehmen müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben, ihr Portfolio durch kluge und weitsichtige Kooperationen sichern. Der Erhalt der persönlichen Lebensqualität erfordert zudem, Aufgaben abgeben zu können, um sich auf die eigenen, individuellen Fähigkeiten zu konzentrieren, die letztendlich die bedeutendsten Verkaufsargumente liefern. Investitionen in das eigene Marketing und den Ausbau von Kooperationen sind für die Außenwirkung und die eigene Attraktivität für Kunden und Fachkräfte von Bedeutung. Nur durch Investition, z. B. in digitale Angebote, können Kreativunternehmen wachsen, zu einem relevanten Arbeitgeber werden und gleichzeitig die Herausforderungen von morgen meistern.

 

*Summe der Angaben sehr hoch und hoch

 


Weiterführende Links:
Institut für Kreativwirtschaft, HdM Stuttgart
Netzwerk Kreativwirtschaft Baden-Württemberg


Autoren

Name:
Prof. Dr. Martin Engstler  Elektronische Visitenkarte
Forschungsgebiet:
Creative Industries, New Work (Coworking, Innovation Labs), Service Innovation, Sustainable Services & Urban Revitalisation, Change Management, Hybrid Project Management
Funktion:
Dekan
Lehrgebiet:
Dienstleistungsmanagement, Service Engineering, Innovationsmanagement, Organisation, Change Management, Digitale Transformation, Projektmanagement, Kreativwirtschaft
Studiengang:
Wirtschaftsinformatik und digitale Medien (Bachelor, 7 Semester, Zulassung bis SS 2014)
Fakultät:
Fakultät Information und Kommunikation
Raum:
I121, Nobelstraße 8 (Nobelstraße 8)
Telefon:
0711 8923-3172
Martin Engstler

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Prof. Dr. Martin Engstler  Elektronische Visitenkarte


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