Vortrag

20 Jahre Business Model Innovation sowie Spin-In/Out/Off/Along.

Ein Literaturreview der wissenschaftlichen Beiträge zum Thema

 

1. Problemstellung und Zielsetzung                                                                    

Ein seit Jahren zentraler Themenbereich in der managementorientierten Betriebswirtschaftslehre – in Theorie und Praxis – ist der Bereich „Geschäftsmodelle" oder „Business Models". Betrachtet man die entsprechende wissenschaftliche Auseinandersetzung, fällt auf, dass seit dem Jahr 2000 ein massiver Anstieg an in wissenschaftlichen Journals publizierten Beiträgen zu verzeichnen ist (vgl. Lambert & Davidson, 2012). Ebenso ist die Entstehung vieler der heute in der Hochschulehre sowie der Unternehmenspraxis verwendeten Werkzeuge – zum Beispiel der Business Model Canvas von Osterwalder & Pigneur (2011) – nach dem Jahr 2000 zu verorten.

Faszination und Relevanz des Themenbereiches „Business Models", und dabei insbesondere das Thema „Business Model Innovation", sind nach wie vor ungebrochen. Dies liegt offensichtlich – so wird in der Literatur argumentiert – an aktuellen Herausforderungen und Megatrends: von an Dynamik und Wettbewerbsintensität zunehmenden Märkten, über die immer stärkere Durchdringung aller Wirtschaftsbereiche durch Informations- und Kommunikationstechnologien, bis hin zu sogenannten disruptiven Marktveränderungen in den verschiedensten Bereichen (vgl. z. B. Eisenhardt & Martin, 2000; Petroni, Venturini & Verbano, 2012; Simmons, Palmer & Truong, 2013).

Die im Themenbereich „Business Models" veröffentlichen Beiträge verschieben sich hinsichtlich ihrer Themenschwerpunkte von zunächst technologieorientierten Beiträgen aktuell hin zu verstärkt strategie- und organisationsrelevanten Beiträgen (vgl. Wirtz et al., 2016).

Auch der hier entstehende Beitrag nimmt die Strategie- und Organisationsperspektive ein: So ist es Zielsetzung des Beitrags,

  • den für die langfristige Unternehmensstrategie wichtigen Aspekt der „Business Modell Innovation" sowie
  • die Organisationsformen „Spin-In/Out/Off/Along" als Weg zur/der Geschäftsmodellinnovation

in Form eines Literaturreviews der in den letzten Jahren erschienenen wissenschaftlichen Beiträge, zu beleuchten.

Konkret liefert der Betrag dabei zweierlei:

1.     Einen Literaturreview zur wissenschaftlichen Beschäftigung mit den Aspekten „Business Modell Innovation" und „Spin-In/Out/Off/Along", der die Artikel systematisiert, quantitativ auswertet und somit einen Überblick über den State-of-the-Art liefert.

2.     Eine inhaltliche Aufbereitung der in der Wissenschaftscommunity als relevant erachteten Themen und somit mögliche Anknüpfungspunkte für weitergehende Forschung(-simplikationen).

2. Theorie und Forschungsstand

Eine Geschäftsmodellinnovation kann sowohl als Weiterentwicklung des bereits existierenden Geschäftsmodells (Markides, 2006) als auch als Entwicklung einer neuartigen Wertschöpfung für Kunden und andere Anspruchsgruppen (Casadesus-Masanell & Zhu, 2013) verstanden werden. Diese Weiterentwicklung des Geschäftsmodells hat in der Praxis wie auch in der Forschung an Bedeutung gewonnen (z. B. Bouncken & Fredrich, 2016; Berglund & Sandström, 2013; Spieth, Schneckenberg & Ricart, 2014). Aufgrund disruptiver Technologien und Marktveränderungen sehen sich (insbesondere technologiebasierte) Unternehmen vor der Herausforderung, gänzlich neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, um nicht vom Markt verdrängt zu werden (Chesbrough & Rosenbloom, 2002). Dazu eignen sich Spin-Offs, da hierbei unter anderem auch Geschäftsmodelle entwickelt werden können, die außerhalb des Kerngeschäfts eines Unternehmens liegen (Dahlstrand, 1997).

Einen Überblick des Forschungsstands zum Themenbereich „Geschäftsmodelle"/„Business Models" liefern unter anderem die beiden Review- und Überblicksbeiträge von Lambert & Davidson (2012) und Wirtz et al. (2016). Während letztere 681 (peer-reviewed) Artikel hinsichtlich unterschiedlicher Aspekte qualitativ auswerten sowie diese unter anderem in die vier Themenfelder „Innovation", „Change & Evolution", „Performance & Controlling" und „Design" einteilen, erstellen Lambert & Davidson (2012) einen Überblick über empirische Forschungsbeiträge und ordnen diese den drei Fokusthemen „Business Model as the Basis for Enterprise Classification", „Business Models and Enterprise Performance" sowie „Business Model Innovation" zu.

Lambert & Davidson (2012) stellen zum Fokusthema „Business Model Innovation" zusammenfassend fest, dass „business model innovation has a focus on business model change, the motivation for change and the key to successful change. The ability of the enterprise to change and adapt to suit changing conditions has the potential to improve enterprise performance". Vor allem Abspaltungen von Geschäftseinheiten (Spin-Offs) werden immer wieder als Vorgehensweise genannt, um ein Geschäftsmodell zu innovieren (z. B. Chesbrough & Rosenbloom, 2002).

An dieser Stelle knüpft der hier vorgeschlagene Beitrag sowohl inhaltlich als auch methodisch an.

3. Methodik und Vorgehensweise

In Anlehnung an die beiden bereits erwähnten Review- und Überblicksbeiträge von Lambert & Davidson (2012) und Wirtz et al. (2016), beschäftigt sich der vorliegende Beitrag mit dem speziellen Aspekt der „Business Model Innovation" und hier insbesondere mit den Organisationsformen „Spin-In/Out/Off/Along" zur Geschäftsmodellinnovation.

Zur Auswahl der in den Literaturreview aufzunehmenden wissenschaftlichen Beiträge wurde eine Suchanfrage über die Datenbanken EBSCO, JSTOR und ScienceDirect (erstes Kriterium) mit dem Stichworten „Business Modell" in Kombination mit „Innovation" oder nach „Spin-In"; „Spin-Out", „Spin-Off" und „Spin-Along" gefahren. Gesucht wurde dabei nach Artikeln, die die entsprechenden Suchbegriffe im Beitragstitel enthalten (zweites Kriterium). Weiterhin wurde gefiltert nach „refereed and reviewed journals" und darin wissenschaftliche Artikel (drittes Kriterium). Zudem sollten die Artikel zwischen 1996 und 2016 veröffentlicht sein (viertes Kriterium).

Die letztlich 98 in den Reviewprozess aufgenommen Artikel wurden im ersten Analyseschritt (A-I) hinsichtlich der Aspekte (a) Publikationsjahr, (b) Methodik und (c) Zielsetzung ausgewertet.

Im zweiten Analyseschritt (A-II) wurden die 98 Artikel hinsichtlich ihrer Zuordnung zu den übergreifenden Fokusthemen (1) Modelle und Typen, (2) Erfolgsfaktoren und Rahmenbedingungen, (3) Herausforderungen und Hindernisse sowie (4) Prozesse und Tools – jeweils von und/oder für Geschäftsmodellinnovation und/oder Spin-In/Out/Off/Along ausgewertet (wobei eine Zuordnung eines Artikels zu mehreren Themengebieten möglich war). Zudem wurde über die (aus den Artikeln zu den vier Themengebieten) gewonnenen Erkenntnisse der jeweilige State-of-the-Art als Überblicksdarstellung abgebildet.

4. Ausgewählte Ergebnisse

Aufgrund der gebotenen Kürze des einzureichenden Abstracts werden an dieser Stelle nur zwei ausgewählte und grundlegende Übersichtsergebnisse dargestellt. Zum einen die aus Analyseschritt A-I vorgenommene Betrachtung der Publikationsjahre und der Verteilung der Artikel zu den Suchbegriffen „Business Modell" in Kombination mit „Innovation" oder nach „Spin-In/Out/Off/Along". Zum anderen die Zuordnung der Artikel (über Analyseschritt A-II) zu den vier oben genannten Themengebieten (1) bis (4).

Es zeigt sich, dass die Anzahl der Artikel zu den genannten Themen insgesamt nach dem Jahr 2000 zugenommen hat. Speziell das Thema Business Model Innovation hat seit 2010 deutlich an Präsenz gewonnen (vgl. beigefügte Präsentation).

Hinsichtlich der Zuordnung zu den Themengebieten (1) Modelle und Typen, (2) Erfolgsfaktoren und Rahmenbedingungen, (3) Herausforderungen und Hindernisse sowie (4) Prozesse und Tools zeigt sich, dass Thema (3) das am häufigsten behandelte Schwerpunktthema ist (vgl. beigefügte Präsentation).

5. Mögliche Implikationen für Forschung und Praxis

Neben den im Rahmen dieses Abstracts nur angedeuteten Ergebnissen können aus den weiteren Erkenntnissen des hier entstehenden Beitrags sowohl für die Forschung als auch für die Praxis Implikationen abgeleitet werden.

So können beispielsweise aus Analyseschritt A-I insbesondere Implikationen für die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem, beziehungsweise die Forschung zum Thema, abgeleitet werden: Zu welchen Themen wurde bereits intensiv geforscht und publiziert? Wo sind „blinde Flecken" auf der wissenschaftlichen Landkarte zu den Themen „Business Model Innovation" und „Spin-In/Out/Off/Along"?

Aus Analyseschritt A-II lassen sich (gerade durch die abgeleitete Systematik) insbesondere für die Praxis (im Bereich Entrepreneurship) Implikationen ableiten: Beispielsweise ist es möglich, Einordnungskriterien, Richtlinien und Checklisten für die Unternehmenspraxis zum Vorgehen und zur Hervorbringung von Geschäftsmodell-Innovation sowie zur Gründung von Spin-Ins/Outs/Offs/Alongs abzuleiten.

Zudem wäre es für die weitere Forschung interessant, die entwickelte Systematik für verschiedene Branchen und Unternehmensformen zu prüfen und zu konkretisieren.

 

Literaturverzeichnis

Berglund, H., & Sandström, C. (2013). Business model innovation from an open systems perspective: structural challenges and managerial solutions. International Journal of Product Development, 18(3/4), 274.

Bouncken, R. B., & Fredrich, V. (2016). Business model innovation in alliances: Successful configurations. Journal of Business Research, 69(5), 1-7.

Casadesus-Masanell, R., & Zhu, F. (2013). Business model innovation and competitive imitation: The case of sponsor-based business models. Strategic Management Journal, 34(4), 464-482.

Chesbrough, H., & Rosenbloom, R. S. (2002). The role of the business model in capturing value from innovation : evidence from Xerox Corporation ' s technology spin-off companies. Industrial and Corporate Change, 11(3), 529-555.

Dahlstrand, Å. L. (1997). Growth and inventiveness in technology-based spin-off firms. Research Policy, 26(3), 331-344.

Eisenhardt, K. M., & Martin, J. A. (2000). Strategic Management Journal, 21(10), 981-996.

Lambert, S. C., & Davidson, R. A. (2012). Applications of the business model in studies of enterprise success, innovation and classification: AN analysis of empirical research from 1996 to 2010. European Management Journal, 31, 668-681.

Markides, C. (2006) Disruptive innovation: in the need for better theory. Journal of Product Innovation Management, 23(1), 19-25.

Osterwalder, A., & Pigneur, Y. (2011). Business Model Generation: Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer, München.

Petroni, G., Venturini, K., & Verbano, C. (2012). Open innovation and new issues in R&D organization and personnel management. International Journal of Human Resource Management, 23(1), 147-173.

Simmons, G., Palmer, M., & Truong, Y. (2013). Inscribing value on business model innovations: Insights from industrial projects commercializing disruptive digital innovations. Industrial Marketing Management, 42(5), 744-754.

Spieth, P., Schneckenberg, D., & Ricart, J. E. (2014). Business model innovation - state of the art and future challenges for the field. R&D Management, 44(3), 237-247.

Wirtz, B. W., et al. (2016). Business Models: Origin, Development and Future Research Perspectives. Long Range Planning, 49, 36-54.

 

Vortrag auf Veranstaltung: 20. Interdisziplinäre Jahreskonferenz zu Entrepreneurship, Innovation und Mittelstand
Veranstaltungsort: Leipzig Graduate School of Management (Leipzig)
Datum: 05.10.2016 bis 07.10.2016
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Prof. Dr. Uwe Eisenbeis  Elektronische Visitenkarte


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