Fachtag Moderation
Die Medienwelt steht vor großen Herausforderungen. Die Digitalisierung hat das Nutzerverhalten verändert, die meisten Medienhäuser spielen ihre Inhalte auch über die Sozialen Netzwerke aus. Inwiefern verändert das die Rolle des Moderators und der Moderatorin? Wird es diesen Beruf in der Zukunft überhaupt noch geben? Oder liest künftig eine KI die Nachrichten vor?
Über diese und andere Fragen wurde am Fachtag Moderation an der HdM diskutiert. Er fand im Rahmen des Stuttgarter Moderationspreis statt, den das Institut für Moderation (imo) an der HdM auf die Beine gestellt hat. Moderiert wurde der Fachtag vom Tagesthemenmoderator und HdM-Honorarprofessor Ingo Zamperoni. Zu Gast waren verschiedene Medienschaffende, die sich auch den Fragen des Publikums stellten.
Kooperation mit Influencern stößt auf Kritik
Längst sind es nicht nur ausgebildete Redakteure und Redakteurinnen, die Nachrichten übermitteln. Heutzutage kann sich fast jeder vor eine Kamera stellen und Informationen verbreiten. Influencer und Influencerinnen mischen in der Medienwelt immer mehr mit. Daher arbeitet der öffentlich-rechtliche Rundfunk mittlerweile mit Menschen zusammen, die eine große Reichweite auf Social Media haben. Ein Trend, den die Moderatorin Walerija Petrova vom YouTube-Kanal "Brust Raus" kritisch sieht. Wenn der Influencer aus dem Vertrag aussteige, verlieren die Öffentlich-Rechtlichen automatisch die Reichweite. Petrova empfiehlt Medienhäusern daher, die eigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu fördern und mit diesen Reichweite aufzubauen.
Ein weiteres Problem sieht die Moderatorin darin, dass viele Influencer neben ihrem beruflichen Profil auch ein privates betreiben. Wenn diese dann dort zum Beispiel Werbung schalten, könne das zu Konflikten führen. Auch die freie Journalistin Lia Gavi sieht eine Kooperation mit Influencern kritisch: "Das schadet der Glaubwürdigkeit", sagt sie. Für sie und Petrova steht fest, dass es bei ihrem Job nicht um Selbstdarstellung geht, sondern die Inhalte an erster Stelle stehen.
Inwiefern die Algorithmen von Sozialen Netzwerken die Redaktionsarbeit beeinflussen, damit hat sich der Hörfunkredakteur und Journalismusforscher Henning Eichler im Rahmen einer Studie auseinandergesetzt. Man sei inzwischen abhängig von Facebook, Instagram und Co., gebe die Inhalte in eine "Black Box" und wisse letztendlich nicht, was die Plattformen damit machen, sagt er. Die Lösung? Eine europäische alternative Plattform zu Facebook, Instagram und Co. Dass es sowas in Zukunft geben werde, bezweifelt Eichler jedoch.
Der KI fehlt es an Authentizität
Auch das Thema KI stand auf der Agenda des Fachtags. Ist die Zukunft der Moderation künstlich? Die Antwort: Gar nicht so einfach. Dass KI und synthetisch erstellter Content in Zukunft eine Rolle spielen werden, darüber waren sich alle einig. Allerdings kann die Ausmaße kaum jemand vorhersagen. Moderatorin und Radioredakteurin Inken Wriedt blickt zuversichtlich in die Zukunft: "Noch kann die KI die Moderation nicht ersetzen". Die wohl wichtigste Eigenschaft könne kein Avatar und keine synthetische Stimme erfüllen: Authentizität und Emotionalität.
Tatjana Anisimov, Product Innovation Managerin bei RTL, ist sich dennoch sicher: "Die Zukunft ist synthetisch. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis komplette Filme oder Podcasts in Spitzen-Qualität mit synthetischer Hilfe erzeugt werden." Synthetische Medien sind solche, die durch einen Algorithmus ganz oder teilweise erzeugt werden - meistens durch den Einsatz von KI. Anisimov stellte vor, wie aus der Stimme von Inken Wriedt eine synthetische Stimme für den Fernsehsender n-TV wurde. Mithilfe einer KI von Microsoft verwandelte sich das gesprochene Wort der Moderatorin zu einer synthetischen Stimme, die auf der Nachrichten-Webseite von n-TV als Vorlesefunktion eingesetzt wird. Das Publikum interessierte sich vor allem für die Frage, wem die Stimme rechtlich gehört. Im Fall von Inken Wriedt liegen die Rechte beim Sender. Denn das Wichtigste bei künstlich erzeugten Stimmen sei es, die Menschen dahinter zu schützen.
Amelie Pyta, Sina Kuonath
VERÖFFENTLICHT AM
27. April 2023
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MedienweltProf. Dieter Eichhorn M.A.
am 28.04.2023 um 11:16 Uhr |
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