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„What can AI do for me?”

Forschungsprojekt analysiert Anwendungsfälle der AI und zeigt deren Wertschöpfungspotenziale auf

Künstliche Intelligenz, oder Artificial Intelligence, stellt im technologischen als auch unternehmerischen Sinne eine Schlüsseltechnologie der aktuellen Zeit dar. Die Mehrheit der vorliegenden Studien zu dieser Thematik beleuchten technologische Aspekte der KI (Duan et al., 2018). Die Februar 2022 publizierte Forschungsstudie „What can AI do for me?“ zeichnet sich dadurch aus, dass sie die unternehmerischen Aspekte der KI untersucht. Die zugrunde liegende AI Value Creation Studie erfolgte im Forschungsverbund zwischen dem Institute for Applied AI“ der Hochschule der Medien Stuttgart, unter Leitung von Prof. Dr. Jürgen Seitz, der KENBUN IT AG sowie der thingsThinking GmbH.

 

Die Forschungsstudie

 

Im Rahmen der „AI Value Creation Studie 2021“ wurden mehr als 80 Branchenexpert:innen aus Anwendungs- und AI Dienstleistungsunternehmen in über 40 qualitativen Experteninterviews befragt. In der Befragung wurden die drei wesentlichen Unternehmensziele wie Umsatzsteigerung, Kostensenkung und Unternehmenswertsteigerung in Verbindung mit den Potenzialen der Artificial Intelligence thematisiert. Inwieweit kann die Technologie zur Wertschöpfung beitragen? In welchen Unternehmensbereichen findet AI Einsatz und welche Hindernisse bringt die Implementierung von AI aktuell zutage? In über 90 nach den Interviews ausgewerteten AI Anwendungsfällen, auch Use Cases genannt, zeigt sich, dass die positiven Effekte des Einsatzes der AI noch vielfältiger sind als die bereits genannten wesentlichen Unternehmensziele.

 

Die Zielsetzung der Befragung der AI Value Creation Studie, welche von April bis Juli 2021 durchgeführt wurde, gliedert sich in die folgenden drei Punkte:

 

1.     Identifikation von AI Use Cases in Unternehmen

2.     Ermittlung der Wertschöpfungspotenziale von AI Use Cases

3.     Identifikation von Hindernissen bei der AI-Implementierung

 

In Anlehnung an die Zielsetzung der Forschungsstudie, basiert diese auf einem explorativem Mixed-Methods-Ansatz (Kuckartz, 2014). Die Umsetzung der Studie gliederte sich in zwei aufeinander aufbauende Feldphasen. Ergänzt wurde die soeben beschriebene erste Feldphase durch einen quantitativen Onlinefragebogen. Die Befragung fand im Oktober und November 2021 statt. Ziele dieser Befragung waren die Bewertung kurzfristiger und langfristiger Bedeutung spezifischer Wertschöpfungspotenziale von AI für Unternehmen. Weiteres Ziel war auch hier die Bewertung spezifischer Hindernisse bei der AI-Implementierung.

 

In den Experteninterviews konnten 91 Anwendungsfälle ermittelt werden. Von diesen befinden sich 54 bereits im Einsatz, 25 davon im produzierenden Gewerbe, welches die überwiegende Branchenzugehörigkeit abbildet. Darauf folgen die Branchen Groß- und Einzelhandel, Information, Kommunikation und Medien sowie Finanzen und Versicherungen und Transport und Mobilität.

 

Use Cases nach Branchen und Unternehmensfunktion

 

So zeichnet sich ein erstes Bild. Aber in welchen Unternehmensbereichen wird KI aktuell bereits eingesetzt bzw. soll sie eingesetzt werden? Der tiefergreifenden Analyse der AI-Anwendungsfälle nach sind diese überwiegend in den Bereichen Produktion und Supply Chain, Marketing und Sales, Human Resources, Kundenservice und IT zu finden. Dennoch fanden sich zusätzlich nicht wenige Anwendungsfälle crossfunktional in den Unternehmen, also abteilungsübergreifend. Ein Beispiel dafür sind die Sachbearbeitung von Dokumenten oder Performance-Vorhersage-und Empfehlungssysteme.

 

Wertschöpfungspotenziale der AI Use Cases

 

Nachdem die Studie den Einsatz der KI beleuchtet, werden darauffolgend die positiven Aspekte des Einsatzes untersucht. Welche Wertschöpfungspotenziale lassen sich mit dem Einsatz von KI in den Unternehmen verwirklichen? Zur Ermittlung der Wertschöpfung wird die Dimension „Potenzial zur Umsatzsteigerung“, „Potenzial zur Kostensenkung“ sowie „Potenzial zur Unternehmenswertsteigerung“ nach dem Wertschöpfungsmodell von Seitz und Burosch (2018) definiert, welches für diese Studie angepasst wurde.

 

Für die einzelnen Unternehmensbereiche werden die jeweiligen Werte der Wertschöpfung ermittelt. Das Ergebnis zeigt unterschiedliche Wertschöpfungsausprägungen in den einzelnen Unternehmensbereichen. So zeichnet sich die mittels KI erzielte Wertschöpfung im Bereich Produktion und Supply Chain in erster Linie durch ihr hohes Kostenreduktionsspotenzial aus. In Produktion und Supply Chain stehen die Einhaltung einer störungsfreien Prozess- und Logistikkette im Vordergrund sowie die Transformation hin zu einer Smart Factory, also einer vollautomatisierten und vernetzten Produktion. Hier kann eine erfolgreich eingeführte Fortschrittstechnologie durchaus zu einer öffentlichkeitswirksamen Steigerung des Unternehmenswertes beitragen.

 

In der Produktions- und Logistikplanung kommt in erster Linie das Machine Learning gestützte Demand Forecasting zum Einsatz. Auch in diesem Bereich werden hohe Kosteneinsparungspotenziale erwartet. Umsatzsteigerungen sowie Steigerungen des Unternehmenswertes finden hier weniger Beachtung. Dasselbe gilt für Bereiche wie Predictive Maintenance und alle weiteren Facetten und Ausprägungen in diesem Unternehmensbereich.

 

Ausnahme bildet hier die Präzisionslandwirtschaft. Anhand von Computer Vision lassen sich die Zustände der einzelnen Pflanzen überwachen und als Folge daraus kann die Agrarwirtschaft präzise Pflege und Einsatz von Düngung und Pflanzenschutzmittel steuern. So können Ressourcen eingespart und Nachhaltigkeit gesteigert werden. Die Ausbringungsmenge wird gesichert bzw. sogar erhöht, was dieser Branche Umsatzsteigerungen einbringt. Erzielte Erfolge wie gesteigerte Erntesicherheit und Nachhaltigkeitsaspekte wirken sich positiv auf den Ruf der Unternehmen aus. Kostenreduzierungen fallen hier eher gering aus.

 

Die Unternehmensbereiche Marketing und Sales profitieren von Umsatzsteigerungen sowie Unternehmenswertsteigerungen durch den Einsatz von KI, ganz besonders, wenn diese das Customer Relationship Management optimiert.

 

Die Segmentierung von Kund:innen sowie die Personalisierung ist für Unternehmen in der Informations-, Kommunikations- und Medienbranche von hoher Relevanz. Auch hier kann AI gewinnbringend eingesetzt werden. So können Kund:innen maßgeschneiderte Angebote erhalten, um deren Engagement und Conversion Rate zu steigern. Dies funktioniert ebenfalls für den Handel. Das Potenzial für Umsatzsteigerungen sowie Unternehmenswertsteigerungen wurde hier von den Befragten als sehr hoch eingeschätzt, wohingegen eine Kostenreduktion eher weniger Ansatz findet.

 

Machine Learning basierte Suchmaschinen finden ihren Einsatz bei Webshops oder Online-Buchungssystemen. So sollen Buchungsprozesse optimal gestaltet und neue Kund:innen gefunden werden. Für die Befragten bringt dies hohe Potenziale in der Umsatzsteigerung. Da die beschriebenen Prozesse elementar für die Unternehmen, die diese einsetzen, sind, wird ebenfalls eine hohe Unternehmenswertsteigerung assoziiert. Die Einschätzung der Kostenersparnis liegt geschätzt im mittleren Bereich.

 

Dieser Ausschnitt der KI-Anwendungsfälle in den verschiedenen Unternehmensbereichen oder -funktionen zeigt, wie vielfältig KI aktuell eingesetzt wird und wie sie noch eingesetzt werden kann. Es zeigt ebenfalls, dass die Schlüsseltechnologie bereits jetzt vielfältige Wertschöpfungspotenziale bietet. Zusätzlich zu diesen wird in der Studie ebenfalls der Reifegrad der jeweiligen AI Use Cases ermittelt und bewertet. Beides sind voneinander unabhängige Größen. Ein geringer Reifegrad kann in der Komplexität der Anwendung und oder in der noch nicht ausreichend fortgeschrittenen Entwicklung liegen.

 

Indirekte Wertschöpfungspotenziale der AI Use Cases

 

Neben den Potenzialen der direkten Wertschöpfung tragen auch weitere, indirekte Wertschöpfungspotenziale zu einem optimalen Einsatz der KI bei. Wie der Begriff bereits sagt, handelt es sich um indirekte Faktoren, die sich positiv auf die Wertschöpfung auswirken.

Zu den am meist genannten indirekten Wertschöpfungspotenzialen der AI Use Cases zählen Prozessoptimierung, Optimierung der Customer Journey, Steigerung der Produktivität der Beschäftigten sowie eine Verbesserung des Unternehmensimages. Die durch AI angestoßene Transformation von Geschäftsaktivitäten zieht sich durch alle Unternehmensbereiche.

 

Hindernisse bei der Realisierung von Wertschöpfung von AI

 

In den durchgeführten Interviews wurden nicht nur positive Aspekte der KI erfragt, sondern auch, welche Hindernisse und Herausforderungen dieser neuen Technologie in den Unternehmen entgegenstehen. Neben Aspekten wie fehlenden technologischen Reifegraden fallen an dieser Stelle weiche Faktoren auf. So ist zum Beispiel eine ablehnende Einstellung der Mitarbeiter gegenüber der KI als Hindernis zu sehen. Dieses Phänomen ist selbst bei Führungskräften zu beobachten und basiert meist darauf, dass notwendiges Know-How zu dieser Technologie (noch) nicht vorhanden ist. Generell wird fehlendes Fachpersonal als die größte Hürde einer erfolgreichen Implementierung von KI in Unternehmen gesehen.

 

Plattform „What can AI do for me?”

 

Ein weiteres Ergebnis der Forschungsstudie ist die Plattform „What can AI do for me?“, welche Suchanfragen zu KI mit passenden Lösungsanbietern matcht. Unternehmen mit noch unspezifischen AI-Vorhaben können Ihre Anfrage direkt auf der Plattform eingeben. Daraufhin erhalten Sie einen Anbieter-Lösungsvorschlag sowie eine Bewertung des jeweiligen Wertschöpfungspotenzials. Die Plattform dient sozusagen als Brücke zwischen Unternehmen und AI-Lösungsanbieter. Ziel ist es, innovative Lösungen der AI-Landschaft stärker in den Unternehmen impliziert werden, um die Anwendung von Artificial Intelligence voranzubringen: https://whatcanaidoforme.com

 

Abschließend lässt sich sagen, dass die Ergebnisse zweifelsohne eine hohe wahr genommene Relevanz von KI-Anwendungen für einen langfristigen Unternehmenserfolg zuschreiben. Daraus lässt sich schließen, dass der erfolgreiche Einsatz von KI Unternehmen zukunfts- und wettbewerbsfähig aufstellt.

 

Den kompletten Forschungsreport könnt ihr hier kostenlos downloaden:

https://www.hdm-stuttgart.de/iaai_download/

 

Weitere Informationen zum Verbundforschungsprojekt gibt es unter https://whatcanaidoforme.com – hier steht auch die Matching-Plattform kostenfrei zur Verfügung.

 

HdM IAAI „Institute for Applied Artificial Intelligence”:

Das Institute for Applied Artificial Intelligence (IAAI) der Hochschule der Medien Stuttgart arbeitet daran, AI verstärkt in die Anwendung zu bringen, um so die Kluft zwischen Forschung, Unternehmen und Gesellschaft zu überbrücken. Durch eine Kombination aus praktischer Umsetzung und Forschung, der Bewertung neuester Forschungsergebnisse und dem Verständnis für die Potenziale von AI für Unternehmensanwendungen trägt das IAAI dazu bei, AI als Schlüsseltechnologie der Zukunft zu etablieren.




Autoren

Name:
Prof. Dr. Jürgen Seitz  Elektronische Visitenkarte
Forschungsgebiet:
Marketing, Medien, Digitale Wirtschaft, Product Development, Entrepreneurial Marketing
Funktion:
Professor
Lehrgebiet:
Marketing, Medien und Digitale Wirtschaft
Studiengang:
Medienwirtschaft (Bachelor, 7 Semester)
Fakultät:
Fakultät Electronic Media
Raum:
226, Nobelstraße 10 (Hörsaalbau)
Telefon:
0711 8923-2741
Jürgen Seitz

Name:
Carina Weber

Eingetragen von

Name:
Prof. Dr. Jürgen Seitz  Elektronische Visitenkarte


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