Vortrag

Erschließungsdaten besser nutzen - geographische Recherche mit SWD-Ländercodes

Nach einschlägigen Fortbildungsveranstaltungen in Stuttgart in den Jahren 2004 und 2007 beschäftigte sich der Regionalverband Südwest des Vereins Deutscher Bibliothekare (VDB) bereits zum dritten Mal in einer Vortragsveranstaltung mit aktuellen und zukünftigen Entwicklungen bei Bibliothekskatalogen: "Der Katalog der Zukunft (Teil 3): Die Benutzer in den Mittelpunkt!" war der Titel der Veranstaltung am 11. November 2010. Gastgeber war – wie schon bei der Premiere der Veranstaltungsreihe im Jahr 2004 – die Universitätsbibliothek Stuttgart; der Landesverband Baden-Württemberg des Berufsverband Information Bibliothek (BIB) fungierte als Kooperationspartner.

Natürlich ist der "Katalog der Zukunft" in vielerlei Hinsicht längst ein "Katalog der Gegenwart". An den Anfang wurden deshalb exemplarisch zwei von Bibliothekaren im 'Eigenbau' entwickelte Systeme – die Elektronische Bibliothek Bremen (E-LIB) und der HEIDI-Katalog der Universitätsbibliothek Heidelberg – gestellt, die als besonders zukunftsweisend gelten dürfen und bereits einen hohen Reifegrad erreicht haben. Es folgte ein Beitrag der Informationswissenschaftlerin Sonja Öttl (Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur) über "Usability in Bibliothekskatalogen – Werkzeuge, Methoden und Erfahrungen" sowie eine Übersicht über mobile Kataloganwendungen ("Mit einer App zum Katalog?! Kataloganwendungen für mobile Endgeräte") von Hans-Bodo Pohla (Stadtbibliothek Amberg).

Über all den Katalogfunktionen darf freilich die Datenbasis, auf der die Kataloge aufsetzen, nicht vergessen werden. Das Potenzial der mit hohem Aufwand erstellten bibliothekarischen Erschließungsdaten wird in unseren heutigen Katalogen noch längst nicht ausgereizt, wie Heidrun Wiesenmüller (Hochschule der Medien Stuttgart) in ihrem Vortrag "Erschließungsdaten besser nutzen – geographische Suche mit SWD-Ländercodes" zeigte. Nur ein kleiner Teil der in den Schlagwortsätzen der Schlagwortnormdatei (SWD) enthaltenen Informationen wird für die Recherche ausgewertet – zumeist nur die Ansetzungsform und die Synonymverweisungen. Die übrigen Thesaurusrelationen (verwandter Begriff, Oberbegriff, mehrgliedriger Oberbegriff) werden bisher nur in ganz wenigen Katalogen verwendet. Überhaupt nicht genutzt werden die hierarchisch strukturierten ISO-Ländercodes, die nicht nur bei geographischen Schlagwörtern, sondern u.a. auch bei Personen, Körperschaften und Sachschlagwörtern mit geographischem Bezug erfasst werden. In einer vom Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) eingerichteten Testinstallation wurde die Indexierung des Katalogs des Südwestdeutschen Bibliotheksverbunds (SWB) so geändert, dass bei der Titelrecherche auch auf die Ländercodes der damit verknüpften Schlagwörter zugegriffen werden kann. Dies erhöht den Recall ganz erheblich: Beispielsweise werden beim Thema 'Tourismus in Baden-Württemberg' über die normale Schlagwortsuche 51 Treffer gefunden, über die Ländercode-Recherche hingegen 179 Treffer – denn nun sind auch Titel wie "Sporttourismus in der Konstanzer Region" oder "Das Murgtal als Fremdenverkehrsgebiet" enthalten. Diese sind nicht mit 'Baden-Württemberg' verschlagwortet, sondern mit einem engeren Schlagwort, das jedoch den Ländercode für Baden-Württemberg enthält. Über den Ländercode lassen sich – anders als mit der normalen Schlagwortsuche – auch zugehörige Instanzen finden (z.B. einzelne Höhlen beim Thema 'Höhlen in Baden-Württemberg') sowie relevante Personen (z.B. deutsche Rechtsphilosophen beim Thema 'Rechtsphilosophie in Deutschland'). Die Implementierung einer geographischen Suche über Ländercodes, die man z.B. über einen Drill-down realisieren könnte, würde nicht nur das Retrieval merklich verbessern, sondern auch das Input-Output-Verhältnis der bibliothekarischen Sacherschließung. Die Demo-Version der Ländercode-Recherche stieß auf großes Interesse unter den Teilnehmern der Veranstaltung, und es ist zu hoffen, dass es bald auch Implementierungen in Echt-Systemen geben wird.

Zum Abschluss des Tages stellte Harald Reiterer (Universität Konstanz) Ideen für eine "Blended Library" – die Zusammenführung von digitaler und physischer Bibliothek – vor, die derzeit von der Arbeitsgruppe Mensch-Computer-Interaktion entwickelt werden. Die Vortragsmaterialien sind auf der Website des VDB-Regionalverbands Südwest abrufbar (http://www.vdb-online.org/veranstaltungen/522/). Ein ausführlicher Bericht über die Veranstaltung erscheint im Bibliotheksdienst Jg. 45. 2011, Heft 2, – S. 182 - 188.

Vortrag auf Veranstaltung: VDB-Fortbildungsveranstaltung "Der Katalog der Zukunft, Teil 3"
Veranstaltungsort: UB Stuttgart
Datum: 11.11.2010

Weiterführende Links:
Folien des Ländercode-Vortrags
Website der Fortbildungsveranstaltung mit allen Vortragsmaterialien
Inhaltsverzeichnis Bibliotheksdienst Heft 2/2011 (mit Bericht über die Veranstaltung)


Autoren

Eingetragen von

Name:
Prof. Heidrun Wiesenmüller M.A.  Elektronische Visitenkarte


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