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Jasmin Kiene – Institute of Art, Design and Technology (IADT) in Dún Laoghaire (Irland)

> Wie kamen Sie dazu, für ein Semester nach Irland zu gehen?
Dass ich in Irland gelandet bin, war mehr oder weniger ein Zufall. Ich spreche (außer Deutsch) nur Englisch, also kam für mich immer nur ein englischsprachiges Land in Frage. Deshalb habe ich mich für Hochschulen in Schottland, England und Irland beworben, wobei Schottland meine erste Wahl war. Mir wurde jedoch ›nur‹ ein Platz an der IADT angeboten, da Schottland überlaufen war. Für mich war dies jedoch kein Problem: Ich war zuvor noch nie groß verreist, nach meiner Fachhochschulreife bin ich praktisch sofort an die HdM gegangen – und deshalb war meine Intention für das Auslandssemester zunächst einmal nur: »Ich will weg.«  
> Wie schwer/leicht war es, sich in Dún Laoghaire zurechtzufinden?
An der Hochschule angekommen, war es sehr leicht, sich zurechtzufinden. Die IADT ist eine sehr kleine Hochschule. Die verschiedenen Kurse haben in den Gebäuden alle ihren eigenen Bereich, so dass man immer im selben Raum ist. Am ersten Tag bekommt man zusätzlich von der ERASMUS-Beauftragten der Hochschule eine kurze Führung über das Gelände und einem wird gezeigt, wo man seinen ersten Kurs hat.
> Wie ist die Hochschule ausgestattet? Wie ist das Studienniveau und was bringen die Kurse für Mediapublisher/innen?
Im Vergleich zur HdM ist sie etwas schlechter ausgestattet. Es gibt zwar mehrere Mac-Labore, die alle die Adobe-Programme besitzen, doch ob diese funktionieren ist mehr oder weniger Glückssache. Für ›Visuelle Kommunikation‹ (VisCom), den Kurs, den ich hier belegt habe, wird empfohlen, seinen eigenen Laptop, oder genauer gesagt: Mac, mit den entsprechenden Programmen zu nutzen.
Das Niveau an der IADT ist doch anders als an der HdM. Ich bin nach meinem 5. Semester an die IADT gegangen und kann sagen, dass man als Mediapulisherin einiges voraus hat. Die Projekte im zweiten Studienjahr hier sind eine Webseite zu coden, ein Booklet zu gestalten, einen Event-Katalog zu gestalten und eine Art Marketingkampagne dazu zu entwickeln (also Banner, Poster, Informationsstand etc.). Meine irischen Kommilitonen hatten zuvor noch nie mit XML, CSS oder Ähnlichem zu tun, während ich in elektronischem Publizieren zumindest die Grundkenntnisse erworben hatte. Gleiches gilt für die Arbeit mit InDesign und die Begrifflichkeiten zum Thema Druck.
Dafür sind die irischen Studierenden mir voraus, was das handwerkliche Arbeiten angeht. Es gibt an der IADT mehrere, wirklich ausgezeichnet ausgestattete Fotostudios, in denen sich meine irischen Kommilitonen routiniert bewegen, während ich im Prinzip noch nie eine professionelle Beleuchtung auch nur angeschaltet habe. Das Booklet und der Katalog müssen auch selber gebunden werden; alle dafür benötigten Materialien muss man sich selbst beschaffen. Das fängt mit Nadel und Faden für das Buchbinden an, geht über das Skalpell, mit dem man die einzelnen Buchseiten dann selber von Hand ausschneidet, bis hin zur Schneideunterlage und dem Papier.
> Was ist im Studium ganz anders als in Stuttgart?
Ganz einfach alles. An der IADT hat man die ersten drei Wochen ein ›Elective‹. Ich habe mich hierbei für ›Webdesign‹ entschieden, da ich dachte, so könnte ich meine XML- und CSS-Kenntnisse erweitern. Im Nachhinein hat sich das als Fehleinschätzung herausgestellt, da in diesem Kurs bei Null angefangen wurde. Erst nach diesen drei Wochen begann der eigentliche Kurs.
In VisCom hat jeder von Montag bis Donnerstag für rund sechs Wochen nur ein Projekt, und jeden Freitag das ganze Jahr lang eine ›klassische‹ Vorlesung, in der man schlussendlich auch einen Essay schreiben muss. Nachdem das erste Projekt beendet ist, fängt dann das nächste Sechs-Wochen-Projekt an. Man hat hier auch keine einzelnen Vorlesungen, sondern die Arbeitsweise erinnert stark an das spätere Berufsleben. Täglich von 10–17 Uhr ist Uni. Man macht verschiedene Workshops, bekommt Arbeitsanweisungen, die man selbstständig erledigen muss, und nach jedem Gruppenfeedback unterhalten die Lehrer sich mit jedem einzelnen Studenten und helfen mit individuellem Feedback weiter. Der Raum, in dem der Kurs stattfindet, ist eine Art kleinere Halle, die durch Stellwände unterteilt ist, so dass drei Jahrgänge Platz haben. In den einzelnen Jahrgängen hat jeder seinen eigenen Arbeitsplatz mit Schreibtisch und Pinnwand. 
VisCom ist komplett anders als Mediapulishing und man muss sich wirklich darauf einlassen. Während wir an der HdM viel Theorie haben, setzt man an der IADT mehr auf Kreativität und ›Cut and Paste‹. Die Lehrer nehmen sich für jeden einzelnen Studenten ausgiebig Zeit. Das führt allerdings dazu, dass man oft bis mindestens 19 Uhr, gegen Ende eines Projekts auch bis 21 Uhr an der Uni ist. Durchgemachte Nächte, Dreizehn-Stunden-Tage und sehr wenig Zeit für sich selbst sind vor allem in den letzten Wochen eines Projekts völlig normal.
> Können Sie anderen Mediapublishern empfehlen, ein Auslandsseemster in Dún Laoghaire zu verbringen?
Man muss sich wirklich bewusst sein, dass es an der IADT sehr viel zu tun gibt. Wer sich an der HdM gestresst fühlt, sollte definitiv nicht an die IADT kommen und VisCom studieren. Zudem muss man kreativ arbeiten. Für wen das ein Problem ist, der ist hier ebenfalls falsch. Ist man allerdings an Design interessiert und hat Lust, etwas zu gestalten ­– dann ist man hier genau richtig. Die IADT ist eine der europaweit führenden Hochschulen für Design, die Lehrer nehmen sich für jeden viel Zeit und bringen einen dazu, über sich hinauszuwachsen.
Dass dieser Prozess nicht leicht ist, muss ich hier wohl nicht dazu sagen. An meinem ersten Tag wurde mir gesagt: »Sie werden hier an der Hochschule scheitern. Sie werden scheitern, scheitern und scheitern. Doch dann werden Sie besser und besser. Wir wollen sogar, dass sie scheitern, um über sich hinauszuwachsen.« Dieser Satz hat sich mir eingebrannt und hängt mir immer im Hinterkopf, doch er ist wahr. Für wen das zu hart klingt, der sollte sich nicht für die IADT entscheiden. Wer jedoch Spaß an Herausforderungen hat, wer sich entwickeln und etwas dazulernen will, wer über sich hinauswachsen möchte und einigermaßen gut mit Rückschlägen umgehen kann, dem empfehle ich die IADT definitiv. Es ist hier laut, bunt und einfach herrlich! (2017)