Podcasting: die Zukunft des Hörfunks?
Umrisse eines neuen/alten Mediums
Am 30.05.2022 war HdM-Professor Oliver Zöllner zusammen mit seinen Studierenden auf Einladung seines Darmstädter Kollegen Lars Rademacher Gast in der Ringvorlesung "Podcasting" an der Hochschule Darmstadt. In einem Online-Werkstattgespräch via Zoom stellte er einige Thesen zur streng genommen gar nicht so brandneuen medialen Praxis Podcasting vor, woraus sich eine anregende Diskussion mit zugeschalteten Kolleg:innen und Studierenden von beiden Hochschulen ergab − und das im großen HdM-Hörsaal, eingebettet in Zöllners Kurs "Empirische Medienforschung".
In dem Werkstattgespräch beleuchtete Oliver Zöllner Angebotsstrukturen von Podcasts, deren Nutzung und die Frage, inwieweit diese neue Produktions- und Distributionsform für Audioinhalte den klassischen Hörfunk ablöse oder lediglich eine Ergänzung darstelle. Zöllner verwies dabei auf Marshall McLuhans alte These von 1964, dass in jedem neuen Medium die Funktionsweisen eines alten Mediums steckten. So auch beim Podcasting, dessen digitale Vorläufer RealAudio-Streams und die Really Simple Syndication (RSS) der 1990er- und 2000er-Jahre waren − und natürlich der klassische Hörfunk, dessen Idee (und viele seiner Inhalte) sich im Podcasting wiederfinden. Noch Mitte der Nullerjahre, beim ersten kleineren Boom des damaligen Nischenangebots, fragten Autor:innen kritisch, ob Podcasting eher "private Plauderei" sei oder "Potenzial für Profite" haben könnte (Dufft & Bohn 2005). Die neuerliche Popularität des dank Apples iPod und später Spotify groß skalierten Podcasting-Booms hat zu einer neuen "Normalität" des Hörens von Audioinhalten geführt, so Zöllner. Teilweise ist hier auch das Medium die Botschaft, wie man in einem weiteren Rückgriff auf McLuhan formulieren könnte. Nicht zuletzt stellt das Podcasting mit seinen ja recht freizügigen Zugangsmöglichkeiten auch eine Verwirklichung der von Bertolt Brecht bereits Anfang der 1930er-Jahre formulierten Medienutopie dar, derzufolge das Ziel der Medien- und Gesellschaftsentwicklung sein solle, die Empfänger zu Sendern zu machen. Von diesen neuen Möglichkeiten machen in der Tat auch viele Selbstberufene reichlich Gebrauch.
Das Problem, vor dem Podcasting 2022 stehe, so Zöllner, sei eine mögliche Übersättigung der Nutzer:innen angesichts eines immer größer werdenden (Über-)Angebots. Wer soll das alles noch hören? Aber selbst das ist ja kein neues Problem − und Medienrezipient:innen haben auch bei anderen Medien immer wieder persönliche Strategien entwickelt, um hierfür eine Lösung zu finden. Dies ist letztlich ein individueller Ausweis von Medienkompetenz. Am Ende diskutieren die Teilnehmer:innen die Frage, welche Zukunft das Broadcasting und die Praxis des Radiohörens hat bzw. ob wir das demnächst einfach nur anders benennen. Steht uns gar eine Renaissance des medialisierten gesprochenen Worts bevor?
Mitvortragende: Lars Rademacher, Kolleg:innen und StudierendeVortrag auf Veranstaltung: Ringvorlesung 'Podcasting' der Hochschule Darmstadt
Veranstaltungsort: Darmstadt/Stuttgart (online)
Datum: 30.05.2022
Weiterführende Links:
Ankündigung der Session #2 der Ringvorlesung "Podcasting" der Hochschule Darmstadt
Autoren
- Name:
- Prof. Dr. Oliver Zöllner
- Forschungsgebiet:
- Digitale Ethik, Empirische Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Public Diplomacy
- Funktion:
- Professor
- Lehrgebiet:
- Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Digitale Ethik, Public Diplomacy, Nation Branding, Hörfunkjournalismus
- Studiengang:
- Medienwirtschaft (Bachelor, 7 Semester)
- Fakultät:
- Fakultät Electronic Media
- Raum:
- 216, Nobelstraße 10 (Hörsaalbau)
- Telefon:
- 0711 8923-2281
- Telefax:
- 0711 8923-2206
- E-Mail:
- zoellner@hdm-stuttgart.de
- Homepage:
- https://www.oliverzoellner.de
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