Der schöne Schein der Monarchie
Analyse eines royalen PR-Bildes

Wie überzeugt eine prämoderne Staatsform wie eine Monarchie ihre Untertanen (und den Rest der Welt) von der Notwendigkeit ihrer Existenz? Welcher Art sind die dabei bedienten Metaphern und Diskurse? Prägnant eingefangen wurde dies in einem als "privater Schnappschuss" lancierten PR-Bild der britischen Herzogsfamilie Cambridge, Prinz William mit seiner Frau Catherine und ihrem neugeborenen ersten Sohn George. Diese Inszenierung eines Picknicks ohne Essen analysiert Oliver Zöllner in einem Beitrag für einen Tagungsband zum Thema Bild- und Metaphernforschung, der 2019 erschienen ist.
In einem Rekurs auf soziologische, medien- und kunstwissenschaftliche Ansätze legt Zöllner dar, welche Art von Herrschaft in dem schnell als "ikonisch" aufgefassten PR-Bild konstruiert wird und welche Posen des Erfolgs hierfür eingesetzt werden. Das analysierte Foto erscheint perfekt komponiert. Es ruft vielfältige Vor-Bilder auf: Fotos von Williams Eltern, Prinz Charles und Prinzessin Diana aus den 1980er-Jahren, deren heute erkennbare Tragik mit dem strahlenden Picknickbild von 2013 überschrieben werden soll. Dieses Bild soll heilen - nicht zuletzt eine tiefe Krise der Institution Monarchie in den späten 1990er-Jahren. Auch ähnelt das Foto von William und Catherine, den britischen Thronfolgern, unverkennbar einem religiösen Tafelbild von Maria und Josef mit dem Jesusknäblein. Man kann es als modernes Tafelbild des Medienzeitalters identifizieren: millionenfach abgedruckt und gepostet, ubiquitär präsent. In seiner Bildrhetorik drückt dieses Foto den überzeitlichen und göttlichen Anspruch der Szenerie aus, also die Kontinuität der Dynastie Windsor mit einem geregelten Übergang von William zu George. Wir bleiben, sagen die Royals, und werden dazu von der Sonne beschienen. Doch der Beitrag macht auch deutlich, dass mit dieser Überhöhung und Sakralisierung gleichzeitig paradoxerweise eine Banalisierung bzw. Profanisierung der Monarchie einhergeht, die ihr auf lange Sicht nicht guttun wird.
Ende 2019 hat sich mit der Affäre um Prinz Andrew und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe um illegitime sexuelle Kontakte das Bild des britischen Königshauses radikal verschlechtert. Manche Beobachter sprechen schon von einem neuen "annus horribilis" für die Krone. Die "Seifenoper namens Windsor" (Gina Thomas in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 4.12.2019) geht also weiter. Neue PR-Bilder, die die Situation heilen sollen, werden vermutlich in Bälde produziert. Insofern dürfte der Buchbeitrag über den Tag hinaus Relevanz behalten.
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Oliver Zöllner (2019): Das Picknick von Bucklebury: ein Genrebild erfolgreicher Herrschaftsdiskurse im Medienzeitalter. Eine dokumentarische Analyse. In: Matthias Junge (Hrsg.): Das Bild in der Metapher. Bilder des Erfolgs – Bilder des Scheiterns. Wiesbaden: Springer VS, S. 89-115. ISBN: 978-3-658-24561-0. DOI: 10.1007/978-3-658-24562-7_7.
Erschienen in:
Das Bild in der Metapher. Bilder des Erfolgs – Bilder des ScheiternsAuf den Seiten: 89-115
Autoren: Zöllner, Oliver
Hrsg.: Matthias Junge
Erscheinungsjahr: 2019
Verlag: Springer VS
Ort: Wiesbaden
Weiterführende Links:
https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-24562-7_7
Autoren
- Name:
-
Prof.
Dr. Oliver Zöllner
- Forschungsgebiet:
- Digitale Ethik, Empirische Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Public Diplomacy
- Funktion:
- Professor
- Lehrgebiet:
- Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Digitale Ethik, Public Diplomacy, Nation Branding, Hörfunkjournalismus
- Studiengang:
- Medienwirtschaft (Bachelor, 7 Semester)
- Fakultät:
- Fakultät Electronic Media
- Raum:
- 216, Nobelstraße 10 (Hörsaalbau)
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- https://www.oliverzoellner.de
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