Digital Diplomacy
A revolution in diplomatic practice or simply an adaptation?
Ist "digitale Diplomatie" eine Revolution der Diplomatie oder bloß eine notwendige Anpassung an die zunehmend digitalisierte (und mediatisierte) Welt? Dies war die Leitfrage für den Vortrag, den HdM-Professor Oliver Zöllner am 15. Februar 2021 auf Einladung seines Kollegen Giles Scott-Smith an der Universität Leiden hielt. Auf Grund der Pandemielage fand die Präsentation online statt, erlaubte aber eine sehr schöne und detaillierte Diskussion mit den teilnehmenden Studierenden.
Klassische Diplomatie findet weitgehend hinter geschlossenen Türen statt und basiert auf Verhandlungen von Staat zu Staat. In den letzten 60 Jahren wurden zunehmend ergänzende Ansätze in das diplomatische Portfolio mancher Staaten integriert, die sich "öffentliche Diplomatie" bzw. "public diplomacy" nennen. Sie setzen auf Kommunikation mit Zielgruppen in anderen Ländern, also sozusagen direkt von einem Staat zu Bürgerinnen und Bürgern in anderen Staaten, etwa über Rundfunksendungen, Diskussionsveranstaltungen, Schüleraustausch und andere Maßnahmen. Im Kontext der Digitalisierung haben sich diverse onlinebasierte Medien zum Repertoire der öffentlichen Diplomatie hinzugesellt: das Feld der "digitalen Diplomatie", beispielsweise über Twitter, Instagram oder die Einrichtung "virtueller Botschaften" (und Botschafter, etwa Social-Media-Influencer:innen).
Giles Scott-Smith, Inhaber des Roosevelt Chair in New Diplomatic History an der Universität Leiden, hat dieses Thema in einem seiner Seminare aufgegriffen und seinen Stuttgarter Kollegen zu einem Vortrag mit Diskussion eingeladen. Oliver Zöllner legte an Beispielen die Vielschichtigkeit der Formen digitaler Diplomatie dar und stellte im Rückgriff auf mediensoziologische und ethische Theorien Fragen an die Praxis dieser Profession: Welche Probleme löst sie? Wie verhält es sich mit ihrer Dialogorientierung? Wie ist digitale Diplomatie in die Entwicklung des globalen Mediensystems einzuordnen? Trägt sie dazu bei, die zwischenstaatlichen Beziehungen und die interkulturelle Kommunikation zu verbessern? Zöllner war da eher skeptisch, aber verwies auf die Notwendigkeit weitergehender Forschung en détail. Also: more research is needed. Die Themen liegen auf der Hand, Methoden zum Beantworten der vielen komplizierten Fragen zeichnen sich ab, etwa im Rückgriff auf Ansätze der Digitalen Ethik. Viele der Probleme, die die "digitale Diplomatie" adressiert, waren auch bereits issues der klassischen "public diplomacy". Insofern ist erstere vielleicht keine Revolution der diplomatischen Praxis, sondern eine Fortführung internationaler persuasiver Kommunikation irgendwo zwischen dialogischer PR und althergebrachter Propaganda. Es kommt immer darauf an, welcher Akteur "digitale Diplomatie" betreibt - und wie.
Oliver Zöllner lehrt an der HdM Stuttgart den Masterkurs „Public Diplomacy and Nation Branding".
Veranstaltungsort: Universität Leiden, NiederlandeDatum: 15.02.2021
Autoren
- Name:
- Prof. Dr. Oliver Zöllner
- Forschungsgebiet:
- Digitale Ethik, Empirische Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Public Diplomacy
- Funktion:
- Professor
- Lehrgebiet:
- Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Digitale Ethik, Public Diplomacy, Nation Branding, Hörfunkjournalismus
- Studiengang:
- Medienwirtschaft (Bachelor, 7 Semester)
- Fakultät:
- Fakultät Electronic Media
- Raum:
- 216, Nobelstraße 10 (Hörsaalbau)
- Telefon:
- 0711 8923-2281
- Telefax:
- 0711 8923-2206
- E-Mail:
- zoellner@hdm-stuttgart.de
- Homepage:
- https://www.oliverzoellner.de
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