Vortrag

Kompetenzorientierte Umgestaltung einer Lehrveranstaltung: Volkswirtschaftslehre (VL), 1. Semester Bachelor Medienwirtschaft

Werkstattbericht

I. Ausgangssituation und Herausforderungen:

Bei der zur Umgestaltung „Shift from Teaching to Learning" vorgeschlagenen Lehrveranstaltung handelt es sich um die Vorlesung „Volkswirtschaftslehre", eine Pflichtveranstaltung im ersten Semester des Bachelor- Studiengangs Medienwirtschaft. Die Vorlesung bildet zusammen mit der Lehrveranstaltung (Vorlesung) „Grundlagen Betriebswirtschaftslehre" das Modul „Wirtschaft I" - das Modul vermittelt die wirtschaftswissenschaftlichen Grundlagen für die Studierenden des Studiengangs. In der Regel nehmen zwischen 70 und 85 Studierende an der Vorlesung sowie an der abschließenden Modulklausur teil.

Die wirtschaftswissenschaftlichen (Vor-)Kenntnisse der Teilnehmer/innen sind aufgrund unterschiedlicher Bildungs- und/oder Berufshintergründe sehr heterogen: Einige Teilnehmer haben vor dem Studium Medienwirtschaft bereits ein oder zwei Semester in einem anderen wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang studiert, andere haben eine kaufmännische Ausbildung durchlaufen. Diesen Studierenden sind - wenn auch in unterschiedlicher Intensität - wirtschaftliche und speziell volkswirtschaftliche Inhalte nicht unbekannt. Andere Studienanfänger/innen kommen unmittelbar von der Schule. Auch in dieser Gruppe sind die Vorkenntnisse sehr unterschiedlich ausgeprägt - je nachdem, ob ein Wirtschaftsgymnasium besucht wurde oder nicht. Hinzu kommen Studierende, die keinerlei Vorbildung zu wirtschaftswissenschaftlichen Themen mitbringen.

Bislang werden (vorlesungsorientiert) die Themenbereiche, die gemeinhin als Grundlagen der Volkswirtschaftslehre angesehen werden, durch den Dozenten vermittelt. Die Veranstaltung orientiert sich dabei an einem Lehrbuch (Bartling, Hartwig/Luzius, Franz, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre. Einführung in die Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, München 17. Aufl. 2014), das die Studierenden als Ergänzung zu den Vorlesungsunterlagen nutzen, um die Themen der Vorlesung vor- und nachzubereiten. Über den Vorlesungsstoff hinaus werden die Inhalte anhand aktueller Beispiele aus Wirtschaft und Politik veranschaulicht und diskutiert.

Da es sich bei der Vorlesung um die einzige volkswirtschaftliche Lehrveranstaltung handelt, die im Rahmen des Studiengangs Medienwirtschaft angeboten wird, soll die Veranstaltung das breite Spektrum volkswirtschaftlicher Grundlagen abbilden. Denn diese volkswirtschaftlichen Grundlagen sind nicht nur als Handwerkszeug für das Studium Medienwirtschaft, sondern auch im Hinblick auf einen eventuell später angestrebten wirtschaftswissenschaftlichen Master-Studiengang (diese Grundlagen werden dann nicht mehr behandelt sondern vorausgesetzt) von Relevanz.

Die Veranstaltung wird mit einer Modulklausur (zusammen mit den Grundlagen Betriebswirtschaftslehre) abgeschlossen. Die Klausur umfasst Aufgaben zur Prüfung von Wissen (zentrale volkswirtschaftliche Modelle und Begriffe) sowie zur Anwendung dieses Wissens und zur Anwendung volkswirtschaftlicher Konzepte (über Transferaufgaben und Mini-Fallstudien).

 

II. Ziele:

Im Sinne eines „Shift from Teaching to Learning" sollen vor dem Hintergrund der beschriebenen Ausgangssituation sowie den Herausforderungen folgende vier Umgestaltungsziele erreicht werden:

(1) Stärkere Berücksichtigung individueller Vorkenntnisse sowie individueller Lernstile: Es soll sichergestellt werden, dass möglichst alle Teilnehmer/innen die notwendigen Kompetenzen und Lernziele erreichen, einige Studierende sogar, im Sinne einer individuellen Förderung, über die notwendigen Kompetenzen und Lernziele hinaus, ihr wirtschaftswissenschaftliches Interesse und Verständnis vertiefen können.

(2) Stärkere Einbindung der Studierenden in die gemeinsame Erarbeitung der Inhalte: Es soll eine höhere Interesse an den Inhalten und Themen sowie eine höhere Motivation der Studierenden erreicht werden.

(3) Einsatz unterschiedlicher Lehr- und Lernmethoden sowie unterschiedlicher Medien: Es soll eine stärkere Strukturierung der Veranstaltung (insbes. auch innerhalb der wöchentlichen 90-minütigen Veranstaltung) durch den Einsatz strukturierender Elemente wie den Wechsel von Methoden und zum Einsatz kommender Medien erfolgen.

(4) Sicherstellen von Feedback und Evaluation im gesamten Semesterverlauf: In der Kombination mit der Lehrevaluation sowie der Modulklausur sollen neu einzuführende wöchentliche, kleinerer Feedbacks innerhalb der Lehrveranstaltung sowie ebenfalls neue Zwischenevaluationen (nach den großen Themenblöcken) sowohl die Lehre des Dozenten als auch den Lernfortschritt der Studierenden evaluieren.

 

III. Umsetzung:

a) Geplante Maßnahmen:

Die Lehrveranstaltung ist über das Semester hinweg in drei große Themenblöcke gegliedert (Allokation, Distribution, Stabilisierung). Diese Grundstruktur wird beibehalten, allerdings sollen über neue, zusätzlich strukturierende Elemente in Zukunft immer wieder der Gesamtkontext und -zusammenhang verdeutlicht sowie Zwischenevaluationen ermöglicht werden. Ebenso sollen die wöchentlichen Lehreinheiten durch strukturierende Elemente (wie den Wechsel von Methoden und zum Einsatz kommende Medien) umgestaltet und angereichert werden. Konkret soll eine neue Struktur der wöchentlichen, 90-minütigen Lehreinheiten sowie drei neue Lehreinheiten zum Abschluss der zentralen Themenblöcke konzipiert und eingeführt werden:

Neue Struktur der wöchentlichen Lehreinheiten:

• Einstieg in das Vorlesungsthema: Den Studierenden wird wöchentlich ein konkreter Anwendungsfall (in Form eines aufbereiteten Artikels aus der Tagespresse) aus Wirtschaft oder Politik zum Vorlesungsthema der folgenden Woche zur Verfügung gestellt. Dieser soll von den Studierenden für die kommende Veranstaltung vorbereitet werden. Zu Beginn der Vorlesung werden dann die Vorbereitungen der Teilnehmer/innen - als Einstieg in den neuen Vorlesungsinhalt - an Tafel oder Flipchart gemeinsam gesammelt, strukturiert und diskutiert.

• Vermittlung der Vorlesungsinhalte: Die Vermittlung der zentralen Vorlesungsinhalte erfolgt dann im Vorlesungsformat (Präsentation über Beamer/Leinwand) durch den Dozenten.

• Fragen und Beispiele der Studierenden zum Vorlesungsthema: Nach Vermittlung der Vorlesungsinhalte erarbeiten die Studierenden in der Kleingruppe Fragen zu den Inhalten oder entwickeln gemeinsam Anwendungsbeispiele aus dem eigenen Lebensalltag. Für diese Fragen und Beispiele soll eine vorstrukturierte (noch zu erstellende) Einklebeseite für das Lehrbuch dienen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Fragen und Beispiele gesichert werden und an der entsprechenden Stelle später (bspw. im Rahmen der Klausurvorbereitung) gefunden werden (können). Es soll möglich sein, die Fragen und Beispiele durch Verlinkung (Markierungen, Pfeile, Notizen) mit den Inhalten im Buch visuell zu verknüpfen.

• Zusammenfassung der wichtigsten Vorlesungsinhalte: Moderiert durch den Dozenten werden am Ende der Veranstaltung die wichtigsten Inhalte durch die Studierenden zusammengetragen und an Tafel oder Flipchart festgehalten.

Drei neue Lehreinheiten zum Abschluss der Themenblöcke:

• Inhalte zusammenzufassen und Bezüge herzustellen: Jeweils nach Abschluss der drei großen Themenblöcke (Allokation, Distribution, Stabilisierung) soll eine Lehreinheit dazu genutzt werden, die Inhalte zusammenzufassen und Bezüge herzustellen: Dazu werden vom Dozenten vorbereitete Moderationskarten mit den wichtigsten Begriffen, Bildern, Grafiken und Beispielen mitgebracht, die dann durch die Studierenden in Kleingruppen in eine Struktur gebracht und zueinander in Bezug gesetzt werden. Struktur und Bezüge werden durch die Studierenden in der Gesamtgruppe vorgestellt und dann (gemeinsam mit dem Dozenten) diskutiert. Offene Fragen können durch den Dozenten geklärt werden.

• Interviews zu Themenblöcken mit Vertretern aus Wirtschaft oder Politik als Videos: Ebenfalls soll in diesen neuen Lehreinheiten jeweils ein Interview zu den Inhalten des jeweiligen Themenblocks mit einem Vertreter aus Wirtschaft oder Politik (deren Tagesgeschäft mit den behandelten Themen im Zusammengang steht) gezeigt und im Anschluss besprochen werden. Die Interviewfragen sollen explizit die Begrifflichkeiten enthalten, die im Rahmen der Vorlesung Verwendung finden. Die Interviews sollen die Praxisrelevanz der behandelten Themen unterstreichen und diese aus anderer Perspektive beleuchten.

Im Rahmen des Fellowship soll die geplante Umstrukturierung diskutiert, weiterentwickelt, konkretisiert und schließlich umgesetzt werden. Ebenso sollen die neuen Formate und Medien (Artikel aus der Tagespresse, aktualisierte Vorlesungsunterlagen, vorstrukturierte Einklebeseite, Moderationskarten mit Begriffen, Bildern, Grafiken und Beispielen für Zusammenfassungen und Bezüge, Interviews/Videos) im Rahmen des Fellowship konzipiert und erstellt werden.

b) Zeitplanung:

Konzeption und Gestaltung der beschriebenen Maßnahmen werden Anfang 2017 begonnen und spätestens zu Lehrveranstaltungsbeginn im Sommersemester 2017 abgeschlossen sein, damit die umgestaltete Veranstaltung bereits im Sommersemester 2017 stattfinden kann. Ausschließlich die Produktion der Interviews/Videos würde zu Beginn des Sommersemesters erfolgen, da dies dann durch ein Tutorium/ studentisches Projekt umgesetzt würde. Die Interviews/Videos könnten jedoch trotzdem bereits im laufenden Semester eingesetzt werden, da diese immer in der abschließenden Lerneinheit nach den jeweiligen Themenblöcken zum Einsatz kommen.

c) Nachhaltigkeit und Übertragbarkeit:

Die Veranstaltung wird in der neuen Form dauerhaft (auch ohne weitere Förderung) sowohl im Sommerals auch im Wintersemester angeboten. Dies ist sichergestellt, da zum einen alle Maßnahmen zur Umgestaltung der Veranstaltung im Rahmen des Fellowship bereits umgesetzt werden, zum anderen die Aktualisierung der Praxisbeispiele und der Interviews/Videos über die übliche Vorlesungsvorbereitung vor dem Semester sowie die in der Regel stattfindenden Tutorien des Studiengangs erfolgen können.

Nach erfolgter Evaluation könnte das neue Konzept unmittelbar auf die Lehrveranstaltung „Unternehmensführung" übertragen werden. Diese Veranstaltung ist zwar im dritten Studiensemester vorgesehen, es bestehen jedoch in Hinblick auf die Aspekte Umfang und Inhalt vergleichbare Herausforderungen.

Über die Übertragung des Konzepts auf weitere Lehrveranstaltungen könnte gemeinsam mit Kollegen (im Studiengang) nachgedacht werden. Über die jedes Semester (auch nach dem Fellowship) durch Tutorien/studentische Projekte produzierten Interviews zu den Themenblöcken entsteht sukzessive eine umfangreiche Sammlung an zusätzlichen vorlesungsbegleitenden Inhalten.

IV. Evaluation:

Zusätzlich zum Vergleich der Lehrevaluationen (vor Umgestaltung im Rahmen des Fellowship und danach) sowie einer Evaluation der Entwicklung der Klausurergebnisse (stärker ausgerichtete Klausur im Hinblick auf Zusammenhänge und Anwendung) sollen die drei neuen Lehreinheiten zum Abschluss der Themenblöcke dazu genutzt werden, über einen Fragebogen Feedback von den Studierenden zu erhalten. Die Gestaltung dieser zusätzlichen Evaluation soll im Rahmen des Fellowship mit Unterstützung des Didaktikzentrums erfolgen. Zudem erhält der Dozent durch die neue Struktur der wöchentlichen Lehreinheiten Rückmeldung über Kompetenzen und die Erreichung der Lernziele bei den Studierenden, da diese aktiv eingebunden sind (Fragen, Beispiele und Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte).

Außerdem ist eine gemeinsamen Evaluation der neu gestalteten Veranstaltung (nach Ende der Lehrveranstaltungen im Juli 2017) gemeinsam mit dem Didaktikzentrum wünschenswert, sowie die gemeinsame Diskussion mit den Fellows, um etwaige weitere Anpassungen vornehmen zu können.

Eine Sicherstellung der nachhaltigen Qualität der Lehre sollte über diese Evaluationsmechanismen, (1) Vergleich Lehrevaluation, (2) Vergleich Klausurergebnisse, (3) drei Zwischenevaluationen nach Abschluss der Themenblöcke, (4) wöchentliche Rückmeldung, sichergestellt sein.

Vortrag auf Veranstaltung: Tag der Lehre
Veranstaltungsort: Stuttgart
Datum: 26.10.2017
Dateianhänge:


Autoren

Name:
Prof. Dr. Uwe Eisenbeis  Elektronische Visitenkarte
Forschungsgebiet:
Medienmanagement und Medienökonomie, Geschäfts- und Erlösmodelle, Strategisches Verhalten von Organisationen, Technologieimplikationen auf Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle in der Medienwirtschaft, Standortentwicklung und Ökosysteme für die Kreativwirtschaft
Funktion:
Prodekan
Lehrgebiet:
Medienökonomie, Medienmanagement, Strategisches Management, Unternehmensführung, Internationales Management, Volkswirtschaftslehre
Studiengang:
Medienwirtschaft (Bachelor, 7 Semester)
Fakultät:
Fakultät Electronic Media
Raum:
221, Nobelstraße 10 (Hörsaalbau)
Telefon:
0711 8923-2258
Homepage:
https://www.hdm-stuttgart.de/home/eisenbeis
Uwe Eisenbeis

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