Medien und Corona
Die Nachfrage nach seriösem Journalismus, der informiert und einordnet, ist derzeit immens. Der sprunghafte Anstieg von Zugriffszahlen auf digitale Angebote von Zeitungen sowie ungewöhnlich hohe Quoten von Nachrichten- und Sondersendungen deuten auf ein gesteigertes Bedürfnis nach Orientierung hin. Auch auf sozialen Plattformen werden auffallend häufig Medienbeiträge geteilt. Besonders in Krisenzeiten übernimmt der Journalismus die Rolle einer beobachtenden Instanz, der sogenannten "vierten Gewalt im Staat", und auch die eines Vermittlers zwischen Regierungspolitik und Bedürfnissen der Gesellschaft. Klassische Medien versorgen Bürgerinnen und Bürger mit jenen Informationen, die diese für ihre politische Meinungs- und Willensbildung benötigen. Die Regierungen mehrerer Bundesländer haben daher Journalistinnen und Journalisten seit Ausbruch der Corona-Krise als "systemrelevant" eingestuft. Um diese journalistische Leistung zu erbringen, bedarf es gut ausgestatteter Redaktionen. Doch diese sehen sich derzeit mit finanziellen Notlagen konfrontiert.
Aktuelle Lage der Medien
Kritisch zu betrachten ist, dass durch die Kurzarbeit in Redaktionen nun weniger Arbeitszeit zur Verfügung steht. Diese fällt weg, da Journalistinnen und Journalisten jetzt ihre Arbeitszeiten korrekt erfassen müssen, um keinen Subventionsbetrug zu begehen, während vor Corona meist deutlich mehr gearbeitet wurde, als vertraglich geregelt. Viele Verlage begründen die Kurzarbeit mit geringerem Umfang. Einige Zeitungen verzichten jedoch bewusst auf Artikel und für die übrigen Beiträge bleibt weniger Zeit. So droht Mehrarbeit statt Kurzarbeit.
Werbung allein reicht nicht
Der privatwirtschaftlich finanzierte Journalismus steht nicht erst seit Ausbruch der Pandemie unter Druck. Insbesondere lokale und regionale Zeitungen leiden seit Jahren unter schrumpfenden Vermarktungserlösen und einem Auflagenschwund. Die Corona-Krise intensiviert nun diese prekäre Lage und verdeutlicht das nicht mehr funktionierende Finanzierungsmodell des Journalismus: Das Geld der Leserinnen und Leser macht lediglich ein Drittel der Einnahmen von Zeitungsverlagen aus. Den Rest bestimmen Veranstaltungen, die derzeit ausfallen, und vor allem Werbeerlöse, die um bis zu 80 Prozent eingebrochen sind. Dabei bleiben die Fixkosten bei 100 Prozent. Dass sich die Systemrelevanz des Journalismus nicht mehr alleine auf dem Werbemarkt finanzieren lässt, ist schon lange klar.
Als Schutzmaßnahme wurden im März ganze Redaktionen ins Homeoffice verlagert. Unter anderem die SZ-Redaktion. Sie musste sich so schnell neu sortieren, wie noch nie zuvor in der 75-jährigen Geschichte der Zeitung. Zugänge zu gesicherten Leitungen und die Bandbreite wurden aufgestockt, Absprachen finden virtuell statt. Zudem weichen klassische Ressortstrukturen auf. Redaktionen arbeiten vermehrt crossmedial und themenorientiert, verstärken Eigenrecherchen und politische Themen. Die Vorsitzende der deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion, Tina Groll, erklärt die Corona-Krise zum Beschleuniger der Digitalisierungsprozesse in den Medien.
Warten auf staatliche Medienförderung
Die Sicherung der Meinungsvielfalt steht schon seit längerem auf der medienpolitischen Agenda. Bereits im November letzten Jahres wurde mit den Stimmen der Koalition aus Union und SPD die sogenannte Zustellförderung von Tageszeitungen und Anzeigenblättern mit 40 Millionen Euro beschlossen. Erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik will der Staat sicherstellen, dass die Auslieferung der Zeitungen bis in die kleinsten Dörfer weiterhin funktioniert. Der Beschluss greift ab 2020 für die nächsten fünf Jahre. Die Ausgaben sind allerdings noch so lange gesperrt, bis ein Gesamtkonzept zur genauen Förderung vorliegt. Besonders kleinere Verlage hoffen auf den Zuschuss.
Quellen:
- BDZV,
- BuzzFeed,
- Deutschlandfunk,
- FAZ,
- Horizont,
- Kress,
- Medienhaus,
- Meedia,
- NDR,
- Stiftung Neue Verantwortung,
- SZ,
- TAZ,
- Verdi,
- ZAW,
- Die Zeit
Kathrin Haas
VERÖFFENTLICHT AM
26. Mai 2020
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