Forschungsprojekt
Abgeleitet wurden die Forschungserkenntnisse in vier leitfadengestützten Gruppendiskussionen. Für die Einteilung der Gruppen orientierte sich das Team an Alter und Lebensphasen der Teilnehmenden: Postadoleszenz (bis 29 Jahre), Rush Hour (zwischen 30 und 49 Jahren), Zweiter Aufbruch (ab 50 Jahren) sowie eine in Alter und Geschlecht gemischte Gruppe. Die Auswahl und Rekrutierung der Teilnehmenden der Gruppendiskussionen erfolgte über eine quantitative Online-Befragung vorab. Insgesamt 146 Personen wurden hierbei zu ihrer allgemeinen Mediennutzung, der speziellen Bedeutung lokaler Nachrichten sowie ihrer Nutzung von Angeboten lokaler Medienmarken befragt. Bereits bei den Online-Befragungen stellten die Forschenden fest, dass lokale Nachrichten und Informationen für 70 Prozent der Befragten sehr wichtig sind, wobei die empfundene Wichtigkeit mit den Alters- und Lebensphasen stieg.
Im Mittelpunkt der Gruppendiskussionen stand die Beantwortung von vier verschiedenen Forschungsfragen zur Bedeutung, Erfahrung, Zukunft und Erwartungen von und mit lokalen Zeitungsmarken und ihrer Inhalte.
Welche Bedeutung haben lokale Nachrichten für Menschen?
Zwei Aspekte unterstreichen die besondere Bedeutung des Lokalteils: Zum einen verstärken lokale Nachrichten und Geschichten auf emotionaler Ebene das Heimatgefühl und die Bindung zu einem Ort positiv. Zum anderen dienen Servicethemen als Antwort auf die Fragen, was vor Ort passiert. Überregionale Themen, die nicht in den lokalen Kontext der Zeitung eingeordnet werden, spielen für die Teilnehmenden eine untergeordnete Rolle und werden als nicht zwingend notwendig erachtet.
Welche Erfahrungen verbinden Menschen mit einer lokalen Zeitungsmarke?
Dem Lokaljournalismus werden vor allem Glaubwürdigkeit und Seriosität zugesprochen, fanden vor allem die jüngeren Teilnehmenden. Die journalistische Qualität einer neutralen, lokalen Berichterstattung stellt allerdings einen der wichtigsten Aspekte für alle Lebensphasen dar. Relevante Inhalte einer lokalen Tageszeitung hingen in den Gruppendiskussionen stark mit dem jeweiligen Verständnis von Heimat und lokalem Interesse zusammen. Heimat wurde in diesem Zusammenhang als ein Bündel aus Erinnerungen und emotionalen Assoziationen verstanden, während "lokal" als Ort beschrieben wurde, an dem sich gerade oder langfristig aufgehalten wird.
Welche Erwartungen werden an das Produkt gestellt?
Die Gruppengespräche haben außerdem gezeigt, dass vor allem das Wie und Wo des Konsums journalistischer Inhalte bei der Entwicklung zukünftiger Zeitungsangebote essenziell sei. Die Lokalzeitung der Zukunft sollte ein Produkt sein, das einfach unterwegs genutzt werden kann. Im Zuge einer stetig fortschreitenden Digitalisierung spielt insbesondere die Nutzung von Smartphones sowohl in jüngeren als auch älteren Lebensphasen eine Rolle. Auch Interesse an Audio-Formaten, wie beispielsweise Podcasts, in denen lokale Nachrichten zusammengefasst werden, wurde geäußert. Für jüngere Teilnehmende stand eine aktive und individuelle Ansprache durch die Lokalzeitungen im Fokus, die etwa über die Formulierung von Push-Benachrichtigungen berücksichtigt werden kann.
Auch wenn für den einfachen Konsum journalistischer Lokalinhalten die Mobilnutzung im Vordergrund stand, waren die Teilnehmenden einer gedruckten Version der Zeitung nicht abgeneigt . Der jüngeren Zielgruppen ist hier ein handliches Format mit einer visuell ansprechenden, grafischen Aufbereitung wichtig. Für eine gute Berichterstattung würden alle Teilnehmenden Geld ausgeben. Allerdings seien sie eher bereit, für gedruckte als für digitale Inhalte zu zahlen. Für den Konsum digitaler Inhalte seien langfristig Bezahlmodelle zu wählen, die einfach bezahlt werden können, wie es beispielsweise bei Spotify oder Netflix der Fall ist.
Für Prof. Christof Seeger steht fest, dass auch die Medienmarke langfristig großen Einfluss auf den Erfolg von Lokalzeitungen nimmt: "Sie wird in Zukunft immer wichtiger, da die einzelnen Produktformen austauschbar werden. Für die Verlage gilt es also, die Menschen möglichst früh mit der Medienmarke in Verbindung zu bringen."
Giuseppa Maria Spatola
VERÖFFENTLICHT AM
28. Mai 2021
KONTAKT
Prof. Christof Seeger
Studiendekan
Crossmedia Publishing & Management
0711 8923-2143
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