Lehre
Im Projekt "ENIGMA R.D.E." rekonstruieren 50 Studierende mit den Möglichkeiten des modernen 3D-Drucks die knapp 100-jährige ENIGMA I. Ziel ist die Veröffentlichung einer digitalen 3D-Druckvorlage, mit der eine ENIGMA heruntergeladen, auf einem 3D-Drucker gedruckt und anschließend voll funktionsfähig betrieben werden kann. Der Zusatz R.D.E. bedeutet dabei "Runterladen, Drucken, Einschalten" und wird wie "ready" ausgesprochen.
Die ENIGMA wurde aufgrund ihres Einsatzes im Zweiten Weltkrieg und ihrer raffinierten Entschlüsselung weltberühmt, unter anderem durch den Informatik-Pionier Alan Turing. Der Mythos um die Maschine macht sie zu einem äußerst attraktiven Lehrmittel in der Informatikausbildung. Die letzten erhaltenen Exemplare werden auf Auktionen für über 400.000 US-Dollar gehandelt. Selbst originalgetreue Replikate bewegen sich preislich aufgrund der geringen Stückzahlen und des hohen feinmechanischen Aufwandes immer noch im Bereich eines Mittelklassewagens.
Hier setzt das Projekt ENIGMA R.D.E. an: Der Fortschritt in den additiven Fertigungsmethoden, neuartige Druckmaterialien und vor allem die Verfügbarkeit von ENIGMA-Konstruktionszeichnungen aus einem Vorgängerprojekt der Hochschule Ravensburg-Weingarten eröffnen erstmalig die Chance, ein funktionierendes Exemplar dramatisch günstiger zu produzieren. Jede interessierte Person sollte die 3D-Druckvorlage herunterladen, ausdrucken und mit wenigen Vorkenntnissen selbst montieren können - für unter 300 Euro Materialkosten. Die 3D-Druckvorlage und die Bauanleitung sollen dabei unter einer Creative-Commons-Lizenz (BY-NC-SA) stehen.
Offen konzipiertes Lehrprojekt über zwei Jahre
Projektstart war im Wintersemester 2017/2018, das Ende ist im aktuellen Sommersemester geplant. Das Projektkonzept wurde besonders offen realisiert. Neue Studierende steigen jeweils zum neuen Semester ein. Die Projektarbeit erfordert die Anwendung von vorausgesetztem technischem Vorwissen sowie eine Einarbeitung in neue, von den Teilnehmern selbst identifizierte Inhalte, beides mit dem Ziel, praktische und echt innovative Lösungen für technische Probleme zu finden. "Die sich ergebenden Problemstellungen - etwa inwieweit bei neuartigen, leitenden Werkstoffen die Elektrifizierung bereits mitgedruckt und eine nachträgliche, händische Verkabelung vermieden werden kann - sind zudem äußerst aktuell und realitätsnah", erklärt Simon Wiest.
Mit "ENIGMA R.D.E" hat Wiest die Auswahlkommission für den Hochschulpreis unter Vorsitz des Prorektors für Lehre überzeugt. Sie findet: "Die praktische Anwendung von Vorwissen, der Wissenserwerb und die praktische, herausfordernde Arbeit wurden selten so gut verknüpft wie in diesem Projekt." Es repräsentiere den Leitspruch der HdM "Studieren. Wissen. Machen." in vorbildlicher Weise.
Besonders nachgefragt ist das Projekt bei den Zweitsemestern im Bachelorstudiengang Audiovisuelle Medien. "Da das Grundstudium eher aus theoretischen Modulen besteht, wurde hier ein flankierendes Angebot geschaffen, bei dem schon früh im Studium ganz praktisch hands on gelernt werden kann", erklärt Wiest. Das Preisgeld in Höhe von 2000 Euro will er nutzen, um im Laufe des Jahres 2019 ein Original der US-amerikanischen M-209, der meistproduzierten Chiffriermaschine der Welt, zu beschaffen.
Zudem macht das Projekt momentan ein besonderes Angebot an weiterführende Schulen, die Interesse haben, den ENIGMA-Bausatz mit ihren Schülerinnen und Schülern auszuprobieren: Um die Einsetzbarkeit im Informatik- oder NWT-Unterricht zu erproben, werden Betatester gesucht, die einen frühen Zugriff auf Druckdaten und Bauanleitungen erhalten und im Gegenzug ihre Erfahrungen rückmelden. Interessente Lehrerinnen und Lehrer können sich dazu direkt an Prof. Wiest wenden.
VERÖFFENTLICHT AM
03. Juni 2019
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