Die ersten Texte, die der 26-jährige Paul Gilius schrieb, waren eigentlich nicht für einen Literaturwettbewerb gedacht: Während seiner Zivildienstzeit, die er 2007 an einer Schule in Kaiserslautern verbrachte, wollte er damit nur die Umbaupausen im Schultheater verschönern. "Mit den Texten bin ich dann in meiner Heimatstadt zum Poetry Slam gegangen und habe gleich gewonnen. Das hat mich motiviert", sagt Paul.
Seitdem verfasst er Texte, die zum Nachdenken anregen sollen. "Zumindest hoffe ich, dass sie dazu anregen. Ich bin sehr selbstkritisch", so Paul. Zu den Themen kommt der HdM-Student meist spontan, sie ergeben sich aus dem Alltag. "Ich denke viel über Situationen nach. Manchmal denke ich, dass geht vielen so, verallgemeinere es und bereite es künstlerisch auf." Die Bandbreite an Themen ist groß, manchmal geht es um Erinnerungen, dann wieder um den Zwiespalt zwischen Traum und Wahrnehmung und ein anderes mal um Zwischenmenschliches. Paul gefällt es, dass man beim Poetry Slam jedes Thema aufbereiten kann und beim Vortragen in direktem Kontakt mit dem Publikum steht.
Beim ersten Mal zitterten Hände und Beine
Wichtiger als der Text ist beim Poetry Slam die Vortragsweise. "Vieles von einem guten Inhalt kann mit einer nicht gelungenen Performance nur schlecht oder gar nicht transportiert werden", sagt Paul. Als er das erste Mal auf der Bühne stand, zitterten seine Hände und Beine. Heute ist er sicherer und spielt gerne mit seinem Text, seiner Körpersprache und seiner Mimik. Ohne Zettel geht es aber nicht: "Weil ich mir Texte nicht so gut merke, versuche ich schon beim Schreiben einen Rhythmus festzulegen, indem ich zum Beispiel Reime verwende."
Wer bei einem Vortragswettbewerb mit seinem selbstgeschriebenen Text und seiner Inszenierung gewinnt, entscheiden die Zuschauer. Paul schaffte es schon mehrfach auf das Siegertreppchen: Zuletzt belegte er im Oktober 2012 bei der gekoppelten Landesmeisterschaft Rheinland-Pfalz und Saarland den dritten Platz. "Ich war sehr überrascht, da ich aus einer Stadt komme, in der Poetry Slam noch keine große Rolle spielt", erzählt Paul. Unter den beiden Erstplatzierten war der deutsche Meister von 2011, Nektarios Vlachopoulos.
"In die richtige Poetry Slam-Welt eintauchen"
Für einen typischen Poetry Slammer hält sich Paul aber nicht. "Ich reise nicht so oft herum, weil mir sonst die Zeit für meine anderen Interessen fehlt." Denn Paul layoutet nebenbei für die Zeitschrift "zUStAende" vom Unabhängigen Studierenden-Ausschuss (UStA) der HdM, fotografiert und spielt Improvisationstheater. Trotzdem war er schon in einigen Städten: Besonders begeistert hat ihn die deutschsprachige Meisterschaft 2010 in Bochum, bei der er mit zwei weiteren Slammern als Team aufgetreten ist. "Hier konnte ich in die richtige Poetry Slam-Welt eintauchen." Rund 150 Teilnehmer aus Deutschland und Österreich waren vertreten und haben eine Woche lang das Publikum mit eigenen Texten beeindruckt. "Es war schön unter Gleichgesinnten zu sein." Für ihn ist jeder Poetry Slammer, der die Leute "mit Authentizität" begeistern kann, ein Vorbild.
"Slam auf der Couch"
Paul tritt auch regelmäßig bei den Vortragswettbewerben "Slam auf der Couch" im Cafe Zentral vom Jugendhaus Stuttgart-Mitte und im Esslinger Jugendhaus Komma auf. Am 21. Juni 2013 wird er außerdem beim Schüler-gegen-Slammer-Poetry-Slam in Leonberg sein. Und vielleicht gibt Paul auch wieder bei der nächsten Medianight der HdM sein Bestes …
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Franziska Böhl