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Instagrammable Germany

Deutschland als touristische Destinations-Marke

"Tourismus digital: Leitfaden für Destinationen", hrsg. vom Deutschen Tourismusverband e.V., 2019 (Foto: Oliver Zöllner)

Schon seit Jahren ist Deutschland in weltweiten Umfragen auf vorderen Plätzen, wenn es um "Nation Branding" geht. Deutschland ist zunehmend beliebt. Das schlägt sich auch in der Zahl der Reisenden nieder, die keineswegs bloß nach Berlin, München und Heidelberg reisen. Doch wie authentisch ist diese Ländermarke inszeniert? Welche Chancen und welche Risiken sind mit dem Markenbildung Deutschlands verbunden? HdM-Professor Oliver Zöllner hat hierzu einen Beitrag für die aktuelle Ausgabe des Leitfadens "Tourismus digital" geschrieben, der vom Deutschen Tourismusverband e.V. herausgegeben wird.

Die hervorragend positionierte Ländermarke Deutschland prägt nicht zuletzt auch die Wahrnehmung des Landes im hart umkämpften Reisesektor. Die Zahl der Reisenden aus dem Ausland nach Deutschland nimmt derzeit ebenso zu wie die Zahl der Inlandstouristen. Das ist für die Reisebranche und die örtlichen Dienstleister und Geschäfte erfreulich. Gerade ist Berlin die Hauptstadt der Hipness: mit lockerer Atmosphäre, großem kulturellen Angebot und vergleichsweise günstigen Preisen. Aber wie hält man einen solchen Zustrom an Besuchern aufrecht, dass er nicht nur für "overcrowding" und Gentrifizierung sorgt, die Location also irgendwann zum Opfer ihres eigenen Erfolgs und als "uncool" wahrgenommen wird? Wie bleibt eine Destination Herrin eines Trends - und wird nicht zu dessen Sklavin? Die Frage der Nachhaltigkeit in der Markenführung ist also sehr grundlegend zu stellen. In der Social-Media-Gegenwart ist sie geradezu zentral. Denn gut inszenierte Fotos mit klingenden Buzzwords sind schnell gepostet, Kulissenlandschaften, Kulissenarchitektur und Kulissenmenschen schnell gefunden. Doch lösen sie auch ein, was sie versprechen? Und wie ethisch angemessen sind sie?

Die Destinationsmarke Deutschland drückt hinter ihren klassischen Kulissen und Fassaden eine Modernität aus, die durchaus authentisch im Alltag vieler Bewohner verankert ist. Wo derzeit Risse in der Modernität zu beobachten sind, setzen sogleich sehr leidenschaftliche Diskurse darüber ein, wie dieses Deutschland beschaffen sein soll. In Deutschland gibt es für den weltoffenen Besucher also weitaus mehr zu entdecken als bloß pittoreske Oberflächen, die sich gut auf Instagram posten lassen. Diese Haltung lässt sich gerade in der Ära der Digitalität auch in die Welt des Destination Branding überführen.

Ein Land und seine Marke (nation brand) bestehen aus mehr als nur Fassaden, Landschaften und "photo opportunities" à la Neuschwanstein. Es sind seine Bewohner, ihr Lebensstil und ihre Werte, die zusammen mit den - zugegebenermaßen wichtigen - fotografierbaren Oberflächen die Seele einer Destination ausmachen. Die ethische und auch ganz praktische Herausforderung ist aber, die Bewohner nicht zu bloßen Staffagen der Landesmarke zu reduzieren, also nicht zur "menschlichen Möblierung" einer Stadtkulisse oder einer Landschaft. Vielmehr müssen die Bewohner mit eingeladen werden zu definieren, wofür ihr Land oder ihre Region stehen: was diese Gegend jenseits aller Klischees ausmacht, was an ihr besonders ist - und wofür sie wesentlich steht.

Oliver Zöllner: Instagrammable Germany. In: Deutscher Tourismusverband (Hrsg.): Tourismus digital. Leitfaden für Destinationen. Kempen: CL Verlag, 2019, S. 30-31.

Der Autor lehrt an der HdM Stuttgart den Masterkurs "Public Diplomacy & Nation Branding".

 


Weiterführende Links:
Zum Download des Leitfadens 'Tourismus digital', Ausgabe 2019


Autoren

Name:
Prof. Dr. Oliver Zöllner  Elektronische Visitenkarte
Forschungsgebiet:
Digitale Ethik, Empirische Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Public Diplomacy
Funktion:
Professor
Lehrgebiet:
Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Digitale Ethik, Public Diplomacy, Nation Branding, Hörfunkjournalismus
Studiengang:
Medienwirtschaft (Bachelor, 7 Semester)
Fakultät:
Fakultät Electronic Media
Raum:
216, Nobelstraße 10 (Hörsaalbau)
Telefon:
0711 8923-2281
Telefax:
0711 8923-2206
E-Mail:
zoellner@hdm-stuttgart.de
Homepage:
https://www.oliverzoellner.de
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