Rillen und Falten. Oder: Die doppelte Authentifizierung in Chanels Beauté Boutique
Vinylschallplatten, Warenwelt und das Selbst in der Metamoderne
Das Marketing von Luxus-Konsumgütern schlägt in einer Gegenwart des Überflusses manchmal semiotische Kapriolen: Um einen Lippenstift zu bewerben, inszeniert ein großes Kosmetik-Unternehmen eine Art Semi-Fake-Schallplattengeschäft: einen Pop-up-Store mitten in Berlin, mit eigens gestalteten Plattenhüllen und speziell gepressten Vinylplatten, auf denen aber praktisch nichts zu hören ist und die man auch nicht kaufen kann. In Ostasien trieb die Firma dieses Konzept sogar noch weiter. Diese Art von Simulation beleuchten Gerrit Fröhlich, Holger Lund, Katharina Zindel und HdM-Professor Oliver Zöllner detailliert in einem Buchaufsatz, der 2024 im Sammelband "'Ain't Nothing Like the Real Thing?' Formen und Funktionen medialer Artefakt-Authentifizierung" erschienen ist.
Das Buchkapitel analysiert die Vermarktung von Luxus-Konsumgütern (insbesondere Kosmetika) im Kontext von Fragen nach Authentizität, Simulation und dem Selbst in der Metamoderne. Es stützt sich auf Fallstudien aus Deutschland und Ostasien, wo die Firma Chanel zur Bewerbung eines neuen Lippenstifts sehr überzeugend aussehende Pop-up-Stores in Form von auf den ersten Blick "authentisch" wirkenden Plattenläden, Cafés und Clubsituationen eingerichtet hatte, in denen 'semi fake' Vinylschallplatten (mit eigens bedruckten Hochglanz-Fantasiehüllen und Plattenrillen quasi ohne Musik) als bloße Requisiten dienten, um eine gewisse Vorstellung von Hipness zu erzeugen und die Besucher einzuladen, sich selbst zu fotografieren und diese Bilder in Social Media zu posten – und letztlich geht es ja nur darum. Der Beitrag zeigt denn auch selbst viele Bilder, die solche Praktiken dokumentieren.
Der Beitrag untersucht, wie hochpreisige Kosmetik für urbane, trendorientierte Zielgruppen vermarktet wird, welche Rolle totemistische Mock-up-Schallplatten und die Bilderwelten der sozialen Medien - die "Selfie-Kultur" - dabei spielen und welche Erkenntnisse über das konsumistische Selbst in der "Metamoderne" sich aus solchen Simulationen ableiten lassen. Aufgezeigt wird ebenso, was Kosmetika und Schallplatten im Sinne der "Rillen und Falten" aus dem Beitragstitel gemeinsam haben. Der Aufsatz ist transdisziplinär gleichermaßen in Marketing, Medienwissenschaft und Bildethik angesiedelt.
Das Buch kann per Open Access kostenlos hier heruntergeladen werden: www.transcript-verlag.de/978-3-8376-6120-0/ain-t-nothing-like-the-real-thing/.
Erschienen in:
'Ain't Nothing Like the Real Thing?' Formen und Funktionen medialer Artefakt-Authentifizierung (= Edition Medienwissenschaft, Bd. 109)Auf den Seiten: 71-100
Autoren: Fröhlich, Gerrit / Lund, Holger / Zindel, Katharina / Zöllner, Oliver
Hrsg.: Amrei Bahr & Gerrit Fröhlich
Erscheinungsjahr: 2024
Verlag: transcript
Ort: Bielefeld
Weiterführende Links:
Link zum Download des Buches (Open Access)
Autoren
- Name:
- Gerrit Fröhlich
- Name:
- Holger Lund
- Name:
- Katharina Zindel
- Name:
- Prof. Dr. Oliver Zöllner
- Forschungsgebiet:
- Digitale Ethik, Empirische Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Public Diplomacy
- Funktion:
- Professor
- Lehrgebiet:
- Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Digitale Ethik, Public Diplomacy, Nation Branding, Hörfunkjournalismus
- Studiengang:
- Medienwirtschaft (Bachelor, 7 Semester)
- Fakultät:
- Fakultät Electronic Media
- Raum:
- 216, Nobelstraße 10 (Hörsaalbau)
- Telefon:
- 0711 8923-2281
- Telefax:
- 0711 8923-2206
- E-Mail:
- zoellner@hdm-stuttgart.de
- Homepage:
- https://www.oliverzoellner.de
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