Digitale Ethik und der Umbau der Gesellschaft
Digitalkompetenz für die Datensphäre
Am 19. Februar 2020 hielt HdM-Professor Oliver Zöllner in Hameln einen Vortrag zum Thema "Digitale Ethik". Eingeladen hatte ihn eine Projektgruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger, die unter dem Obertitel "Kirche mischt sich ein" seit elf Jahren Vortragsreihen zu drängenden Themen aus Kultur, Gesellschaft, Politik, Wissenschaft und Religion organisiert. Zöllner stellte in Hameln das Konzept der Digitalen Ethik vor und diskutierte mit zahlreichen Hörerinnen und Hörern, welche Fragen im Kontext der Digitalisierung zu stellen und (hoffentlich) zu beantworten sind.
Zöllner legte dar, dass wir gegenwärtig einen profunden Umbau der Gesellschaft und der Alltagskultur erleben. Der einzelne Mensch und seine Autonomie zählten im System des Daten- und Überwachungskapitalismus (Zuboff 2019) immer weniger. Stattdessen sei das permanent im Netz postende Individuum vor allem in seiner Rolle als "Lieferant" für ein größeres Datenaggregat interessant. Was macht es mit Menschen, wenn sie zunehmend über internetbasierte technische Plattformen miteinander in Austausch treten und dabei quasi auf Schritt und Tritt protokolliert und ausgewertet werden? Was für ein Problem löst 'die Digitalisierung' eigentlich, wie Zöllner mit Rückgriff auf Armin Nassehi (2019) fragte? Was für eine Welt entsteht unter der scheinbar unausweichlichen Maßgabe des permanenten Updates – und vor allem: Wie lässt sich diese Welt von Menschen gestalten? Digitale Ethik sei eine Reflexionsinstanz in der Datensphäre, die Menschen dazu anstoßen soll, die eigene Welt (online wie offline) in eine wünschenswerte Form zu bringen: Wie sehen die zugehörigen Vorstellungen einer 'glücklichen Gesellschaft' und eines 'gelingenden Lebens' aus? Was für ein Mensch will man sein? Was für Rechte und Pflichten sind mit dem Leben in der sich weiter digitalisierenden Gesellschaft verbunden? Welcher Nutzen ist aus der Digitalisierung zu ziehen und was für Risiken sind dabei zu berücksichtigen?
Das Publikum sprach in der anschließenden Diskussion viele weitere Punkte an. Immer wieder tauchte dabei auch die Frage auf, woher all der Hass in der Gesellschaft und im Netz herkäme. In der Tat sind Hate Speech, Verschwörungstheorien und propagandistisch gewendeter Unsinn im Internet ein großes Problem der Gegenwart. Zöllner plädierte dafür, klare Gegenpositionen zum Ausdruck zu bringen, und zwar nicht nur im Netz, sondern dafür auch persönliche Gespräche und die klassischen Kanäle zivilgesellschaftlicher Auseinandersetzung zu suchen, seien es Vereine, Bürgerversammlungen, Parteien bzw. Kontakte mit örtlichen Politikern. Die Hamelner Projektgruppe "Kirche mischt sich ein" ist just so ein Raum der gesellschaftlichen Auseinandersetzung von Angesicht zu Angesicht – entsprechend angenehm war es, dort ins Gespräch miteinander zu kommen.
Vortrag auf Veranstaltung: Kirche mischt sich ein
Veranstaltungsort: Hameln
Datum: 19.02.2020
Weiterführende Links:
Website zum Projekt 'Schöne neue Welt?' von 'Kirche mischt sich ein'
Beitrag des Regionalsenders "radio aktiv" über die Hamelner Veranstaltung
Autoren
- Name:
- Prof. Dr. Oliver Zöllner
- Forschungsgebiet:
- Digitale Ethik, Empirische Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Public Diplomacy
- Funktion:
- Professor
- Lehrgebiet:
- Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Digitale Ethik, Public Diplomacy, Nation Branding, Hörfunkjournalismus
- Studiengang:
- Medienwirtschaft (Bachelor, 7 Semester)
- Fakultät:
- Fakultät Electronic Media
- Raum:
- 216, Nobelstraße 10 (Hörsaalbau)
- Telefon:
- 0711 8923-2281
- Telefax:
- 0711 8923-2206
- E-Mail:
- zoellner@hdm-stuttgart.de
- Homepage:
- https://www.oliverzoellner.de
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