Vortrag

Internet und Apps - Ende der Privatheit?

'Bildung macht glücklich' verspricht ein Plakat der VHS Mülheim in ihrem Foyer. Aristoteles hätte das sicher ganz ähnlich formuliert (Foto: Oliver Zöllner).
'Bildung macht glücklich' verspricht ein Plakat der VHS Mülheim in ihrem Foyer. Aristoteles hätte das sicher ganz ähnlich formuliert (Foto: Oliver Zöllner).

Am 20. Februar 2019 war HdM-Professor Oliver Zöllner zu Gast an der Heinrich-Thöne-Volks­hoch­schule in Mülheim an der Ruhr. In einem öffent­lichen Vortrag stellt er das Konzept der Digitalen Ethik vor und führt in zentrale Frage­stellungen ein, die auch im Alltag anwend­bar sind. Sind Social Media und die Apps, die unser Leben zunehmend prägen, das Ende der Privatheit?

Zöllner machte in seinen Ausfüh­rungen deutlich, dass die "Appi­sierung" der Welt zusammen mit der weit reichenden und quasi permanenten Vernetzung vieler Menschen Teil eines Wandels des Selbst­bildes vom Menschen ist: allmäh­lich weg vom autonom agierenden Individuum, hin zu einer "relational", in seinen Handlungen von Anderen bestimmten Existenz­form. Dieses Handeln in der Digitalität ist nun aber nicht bloß im Kontext einer permanenten Bezug­nahme und Rückkopplung mit anderen Menschen zu sehen, sondern mit einer weitgehend intrans­parenten Daten­sammlungs-, -speicherungs- und -auswertungs­archi­tektur, die Shoshanna Zuboff in ihrem fulminanten Buch von 2019 als System des "Über­wachungs­kapitalis­mus" analysiert. "Die Anderen" oder "das Andere": das ist nach Zuboff "the Big Other", eine neue Form des Wirtschaftens und der Gesell­schafts­organisation, in der Menschen zuvörderst die Lieferanten für den Daten-Rohstoff sind. Dies kommt, unschwer zu erkennen, einer Reduktion des Menschen gleich.

Zöllner machte deutlich, wie stark digitale Anwen­dungen innerhalb dieses Systems des "Big Other" bereits so alltäglich geworden sind, dass wir sie kaum noch wahrnehmen - fließendem Wasser aus der Leitung oder elektrischem Strom nicht unähnlich. Was viele Menschen dabei allerdings übersehen, sind zum Einen der Kultur­wandel, der mit neuen Alltags­prak­tiken einher­geht, sowie die hinter den Phänomenen stehenden Geschäftsmodelle der Datenverwertung im "Big Data"-Kontext. Wichtig sei, sich dieser Prozesse gewahr zu werden und sie zu reflektieren, um so die angemessenen Entscheidungen für oder auch gegen den Einsatz bestimmter Angebote zu treffen und/oder sich für andere Formen der Digitalisierung einzusetzen. Ein "anderes Internet" bzw. "andere Social Media" sind ja durchaus vorstellbar, man muss sie eben nur denken und wollen. Nichts ist unausweichlich.

Zöllner bot in seinem Vortrag einen schlaglicht­artigen Überblick über die fortschreitende Digitalisierung des Alltags und die damit verbundenen Heraus­forderungen, sich im "Überwachungskapitalismus" angemessen zu orientieren. Das Konzept der Digitalen Ethik bietet hierzu zahlreiche Anknüpfungs­punkte. Zöllner machte deutlich, dass sein Verständnis von Ethik nicht "präskriptiv" ist, also keine Handlungs­vorschriften mache, sondern vielmehr zum Ziel habe, Menschen in den Stand zu setzen, ihre eigenen Handlungen zu reflektieren und auf dieser Basis verant­wortliche Entscheidungen zu treffen.

 

Vortrag auf Veranstaltung: Vortragsreihe an der Volkshochschule Mülheim an der Ruhr
Veranstaltungsort: Mülheim an der Ruhr
Datum: 20.02.2019

Weiterführende Links:
Institut für Digitale Ethik der HdM Stuttgart


Autoren

Name:
Prof. Dr. Oliver Zöllner  Elektronische Visitenkarte
Forschungsgebiet:
Digitale Ethik, Empirische Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Public Diplomacy
Funktion:
Professor
Lehrgebiet:
Medienforschung, Soziologie der Medienkommunikation, Digitale Ethik, Public Diplomacy, Nation Branding, Hörfunkjournalismus
Studiengang:
Medienwirtschaft (Bachelor, 7 Semester)
Fakultät:
Fakultät Electronic Media
Raum:
216, Nobelstraße 10 (Hörsaalbau)
Telefon:
0711 8923-2281
Telefax:
0711 8923-2206
E-Mail:
zoellner@hdm-stuttgart.de
Homepage:
https://www.oliverzoellner.de
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